Von Patrick Eickhoff
Frauen mit politischen Ämtern sprechen über Vor- und Nachteile von Online-Konferenzen
Bad Vilbel/Karben. Vor der Corona-Pandemie waren Videokonferenzen in der politischen Arbeit eher selten. »Auf Mütter, die an Präsenzsitzungen nicht teilnehmen können, wurde kaum Rücksicht genommen«, sagt Beate Bender von der SPD Dortelweil. Sie ist davon überzeugt, dass durch steigende Online-Sitzungen mehr Kompetenz in die Politik zurückkehrt. Kathrin Anders (Grüne) und Martina Schwellnus-Fastenau (CDU) sehen nicht nur Vorteile in der digitalen Arbeit.
Beate Bender ist in den vergangenen Monaten etwas aufgefallen. Denn auch die Politik musste sich den Gegebenheiten und Auflagen im Zuge der Corona-Pandemie anpassen. Das bedeutet: Online-Sitzungen statt Präsenztreffen. Die Spitzenkandidatin der Dortelweiler SPD sagt: »Durch diesen Wechsel ist mehr Kompetenz zurückgekommen. Wir haben Mütter im Team, die vorher einfach keine Zeit hatten, an Sitzungen teilzunehmen. Sie können sich jetzt von zu Hause einwählen.«
Um Online-Sitzungen sei man durch Corona nicht herumgekommen. Das habe für politisch engagierte Mütter ganz neue Perspektiven eröffnet. »Diese können von zu Hause teilnehmen, ohne einen Babysitter oder den Vater für die Vertretung für eine Sitzung bitten zu müssen. Es ist längst nicht selbstverständlich, dass Väter automatisch einspringen, wenn die Frau ihre Zeit politischer Arbeit widmet.«
Corona habe auch die klassische Rollenverteilung wiederaufleben lassen. Der meist vollzeitberufstätige und daher meist besserverdienende Mann arbeite im Arbeitszimmer, während die Frau sich um Homeschooling, Zubereiten der Mahlzeiten kümmert und am späten Abend die Aufgaben des Jobs erledigt. »Bleibt zu hoffen, dass politisch engagierte Mütter die Hand heben und auf Online-Sitzungen bestehen.«
Diese Sitzungen hätten außerdem noch einen Vorteil, wie Bender betont. »Sie sind zeitlich begrenzt und meist bleiben wir sogar unter dem Limit. Man lässt sich gegenseitig ausreden. Jeder sagt seine Meinung, jeder spricht aus.« Das sei längst nicht immer so. »Nebengespräche, die nicht zum Thema passen, finden nicht statt, da nur eine Person spricht.«
Die SPD Dortelweil habe stark davon profitiert. »Deshalb wollen wir das in einem gewissen Maß auf jeden Fall beibehalten«, sagt sie. »Der Kreis der Frauen, die politisch mitbestimmen, wächst.«
Kathrin Anders von den Bad Vilbeler Grünen sagt. »Ich glaube nicht, dass das ein reines Frauenthema ist, sondern eins von Müttern und Frauen, die daheim Angehörige pflegen.« Die Landtagsabgeordnete ist alleinerziehend und kümmert sich um ihre drei Kinder. Sie ist sich sicher: »Mütter haben eine Doppelbelastung wie eh und je.«
Videokonferenzen seien natürlich leichter erreichbar. Das heiße aber nicht, dass sich die Frauen dann voll auf die politische Arbeit konzentrieren könnten. »Während der Fraktionssitzung im hessischen Landtag habe ich parallel Französisch-Vokabeln und Mathe-Aufgaben gemacht sowie Brote geschmiert. Es ist eine enorme Belastung und hart an der Grenze.« Für die Parteiarbeit auf Kreisebene sei die digitale Arbeit sehr gut. »Die Fahrtwege fallen weg. Das erleichtert einiges.« Allerdings registriert Kathrin Anders, dass »die Grenzen immer mehr miteinander verschwimmen«. So heißt es, man könne an Sitzungen teilnehmen, weil man ohnehin zu Hause sei. »Die Arbeit an der Basis fehlt mir. Außerdem fallen in Debatten auch mal emotionale Reaktionen auf Redebeiträge weg. Das gemeinsame Konfliktelösen gestaltet sich auch anders.« Man dürfe bei der Freude über die größere Teilhabe nicht vergessen, dass es eine andere Art von Doppelbelastung gebe. »Das ist wohl auch eine Lehre von Corona.«
Martina Schwellnus-Fastenau kandidiert für die CDU Karben auf Listenplatz 18 und für den Ortsbeirat Kloppenheim auf Platz 2. Sie ist der Meinung: »Die Mischung macht’s.« Generell habe die Umstellung auf Videokonferenzen mehr Möglichkeiten mit sich gebracht. »2019 musste ich mir bei einem Seminar noch überlegen: Wie passt das von den Zeiten? Das ist jetzt einfacher, an solches Konferenzen teilzunehmen.«
Ihre Tochter geht seit einem Jahr in die Schule. »Sie beschäftigt sich zum Glück auch mal ganz gut alleine«, sagt sie. Für Mütter sei die Teilhabe so definitiv einfacher. »Wir haben bei der CDU Karben mit dem digitalen Dialog auch eine feine Sache ins Leben gerufen. Ich finde das wichtig.« Allerdings komme es auch darauf an, wie viele Kinder man hat und wie lebendig sie sind. Außerdem gebe es noch einen Vorteil: »Wir erreichen über die digitalen Formate auch mal jüngere Leute, die sich sonst mit gewissen Themen nicht auseinandersetzen würden.«