Mit einem neuen Besucherrekord ging am 3. September die Burgfestspielsaison 2012 zu Ende. 83 000 Karten wurden für über 200 Vorstellungen verkauft. Erfolgreichstes Stück war „Arsen und Spitzenhäubchen“, aber auch die beiden Kindertheater-Inszenierungen „Michel aus Lönneberga“ und „Hänsel und Gretel“ waren mit 19 000 Besuchern sehr erfolgreich. Allerdings hat die Kultur ihren Preis.
Bad Vilbel. Gerade erst ist der letzte Applaus verhallt, da tönen bereits die Geräusche der Gerüstbauer durch den Burghof. Auf der Spitze schrauben drei Spezialisten die Gestänge auseinander, während auf der Bühne noch die letzten Kulissen des Stückes „Arsen und Spitzenhäubchen“ stehen.
Die Giftmischerei der beiden alten Schwestern in „Arsen und Spitzenhäubchen“ hat sich gelohnt. Mit 17 300 Besuchern und den meisten Aufführungsterminen war die schwarze Komödie der Renner der Saison, gefolgt von „Kiss me Kate“ mit 15 700 Besuchern, der Schlager-Revue „Sehnsucht nach St. Pauli“ (10 300 Besucher) und „Des Teufels General“, den 7600 Menschen sehen wollten. Mit den Gastspielen der Bad Vilbeler in Neuwied, Dreieichenhain, Eppstein, Maulbronn und dem Wetterauer Hof Grass sind es insgesamt sogar 90 000 Besucher.
Die Festspiele seien ein „sehr großer Erfolg“, fand Bürgermeister und Kulturdezernent Thomas Stöhr (CDU) – dies umso mehr vor dem Hintergrund, dass der überwiegende Teil der in der Arbeitsgemeinschaft der Festspielorte verbundenen Freilichtbühnen in diesem Jahr mit zurückgehenden Besucherzahlen zu kämpfen gehabt hätte. Das sei auch der Verdienst der fast 200 rund um die Festspiele tätigen Beschäftigten, lobte Stöhr. Vor allem aber erfüllten die Burgfestspiele „einen großen Kulturauftrag in der Stadt“. Ein erheblicher Teil, nahezu 30 Prozent der Besucher, kamen aus der Quellenstadt, merkte Intendant Claus-Günther Kunzmann dazu an. Abends habe es einen kleinen Rückgang gegeben, dafür seien deutlich mehr Kindervorstellungen besucht worden.
Kunzmann bilanzierte genau 82 983 Zuschauer, davon 41 000 in den Eigeninszenierungen. Im Kindertheater wurden mit den eigenen Stücken und den Gastensembles 23 000 junge Theaterfans erreicht. „Damit ist die Erwartung aufgegangen, mit mehr Qualität und einer vorverlegten Spielzeit den Nachwuchs anzusprechen.“ Eine große Rolle habe dabei auch der neu aufgelegte Sozialfonds der Festspiele gespielt. Er habe tausend Kindern durch ermäßigte Eintrittskarten den Besuch ermöglicht, erläutert Kunzmann.
Den „Michel aus Lönneberga“ wollten 11 300 Besucher sehen, die Kinderoper „Hänsel und Gretel“ 7750. Dort habe er „den Trend zum Leihkind“ beobachtet, merkt Kunzmann amüsiert an. Viele ältere Besucher hätten sich Junioren mit eingeladen, um die Kindervorstellung zu besuchen. Eine ältere opernbegeisterte Dame habe sogar zwei, drei Mal Nachbarskinder mitgebracht, ergänzt Dramaturgin Ruth Schröfel.
Solche anspruchsvolleren Stücke seien auch zum Teil ein Bildungsauftrag, betont der Intendant. Zwar wolle er das Programm der nächsten Saison noch nicht ankündigen – da gelte es noch Rechtefragen zu klären – doch die beiden Kinder-Stücke stehen schon fest. „Das Dschungelbuch“ und die Kinder-Oper „Aschenputtel“ nach Rossini, aber in eingedeutschter Fassung. Für die Kinderoper wird die Kooperation mit Studenten der Frankfurter Musikhochschule fortgesetzt.
Nochmal Geierwally
Kunzmann erläuterte, der Bekanntheitsgrad der Stücke sei entscheidend. Denn wenn Eltern oder Großeltern sie nicht kennen und die Karten kaufen, kämen auch keine Kinder ins Theater. Er räumte ein, dies gelte auch für die Erwachsenen. Denn zum Großteil seien die Burgfestspielbesucher nicht das Klientel, das auch im Herbst und Winter im Theater unterwegs sei. Aber auch im Nischenprogramm soll es weiter Vertrautes geben. Die Schauspielerin Anne Simmering wird auch 2013 wieder im Burgkeller ihr Schauspiel-Solo „Shockheaded Peter“ präsentieren – und die „Geierwally“. Insgesamt haben 1800 Zuschauer die Spätvorführungen im Burgkeller gesehen.
Hinter den Kulissen stehen indes Veränderungen an. Regisseur Egon Baumgärtner wird nächstes Jahr nicht mehr dabei sein. „Wir wollen eine neue Farbe setzen“, erklärte Kunzmann. Auch Harald Demmer ist nicht mehr dabei. Er ist jetzt Oberspielleiter am Kaiserslauterner Theater.
Aktuelle Zahlen zu Einnahmen und Ausgaben seien noch nicht errechnet, so Kunzmann. 2011 hatten die Burgfestspiele rund 600 000 Euro Verlust eingefahren – bei einem Gesamtumsatz von etwa zwei Millionen Euro.