Bad Vilbel. In Bad Vilbel gibt es kaum noch Platz für neue Mietwohnungen, das ergab eine von der Stadt beauftragte Studie. Auch die Wohnungsbaugesellschaften sehen kaum Chancen für weiteren Wohnraum, hieß es im Bauausschuss. Doch vereinzelt kann man hoffen.
Nicht zu fassen – da tippt man am Dienstag der vorigen Woche ohne Hoffnung in die Suchmaschine – und findet die Meldung: »Gemütliche Wohnung in ruhiger, grüner Lage in Bad Vilbel-Heilsberg ab sofort zu vermieten«. Die 64 Quadratmeter fassende Drei-Zimmer-Wohnung an der Bodelschwinghstraße sei für 650 Euro kalt sofort zu haben, steht auf der Webseite der Gemeinnützigen Wohnungsbau Hessen (GWH). Drei weitere Wohnungen seien ebenfalls frei.
Dabei ließ die überörtliche Genossenschaft noch am gleichen Abend über den Bauausschuss-Vorsitzenden Bernd Hielscher ausrichten: »Die Leerstände sind gering.« Auf dem Heilsberg habe sie 600 Wohnungen mit 41 bis 80 Quadratmetern. Der Bau weiterer Wohnungen sei nicht geplant, so die GWH.
Wenig Hoffnung
Bezahlbarer Wohnraum wird stark nachgefragt – die Stadtverordneten würden den Bürgern gern Lösungen liefern. Doch Stadtwerke-Chef Klaus Minkel machte ihnen wenig Hoffnung. »Die freie Kostenmiete liegt hier bei 20 Euro«, sagte er vor dem Ausschuss. Und die Zahl der kommunalen Wohnungen mit gedeckelten Mieten sei begrenzt. Die Stadtwerke besitzen rund 120 Wohnungen. Davon liegen 72 an der Konrad-Adenauer-Allee in Dortelweil. Zuletzt wurden zwei Mietshäuser am Lehnfurther Weg gebaut. Frei werdende Wohnungen vergeben die Stadtwerke laut Minkel an Berufstätige, die keine Sozialwohnung mehr bekämen, aber Marktpreise nicht bezahlen können. Sie werden anfangs mit 8,50 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter zur Kasse gebeten. Alle zwei Jahre kommen zwei Prozent hinzu. »Das ist angesichts der Inflation eine sehr maßvolle Mieterhöhung«, so Klaus Minkel.
Am ehemaligen Bahnhof in Gronau will er noch etwa 30 Mietwohnungen bauen. Der Bebauungsplan werde gerade aufgestellt. Doch es gebe »Vorschriften ohne Ende«, und die staatlichen Fördersätze und Richtlinien seien noch nicht bekannt. Es gilt zu hoffen.
Minkel: Mangel nicht dramatisch
Der Stadtwerke-Chef und frühere Erste Stadtrat findet den Wohnungsmangel nicht so dramatisch. »In Bad Vilbel haben wir so gut wie keine Obdachlosen«, sagte Minkel vor dem Bauausschuss. Gemeldet seien 174 Wohnungssuchende, darunter 92 ausländische und 82 deutsche Familien. Darunter Jugendliche, die das »Hotel Mama« verlassen wollten, und junge Paare, die Nachwuchs bekommen. Bis zu 70 Prozent der Wohnungssuchenden seien »nicht vermittlungsfähig«, schätzte Minkel und wollte das auch auf Nachfrage nicht näher erläutern. Nur so viel: »Bad Vilbel kann die Probleme von Frankfurt nicht lösen. Je mehr wir bauen, desto mehr würden wir Zuzüge auch aus Frankfurt anziehen.«
Die Stadt selbst besitzt laut Bürgermeister Sebastian Wysocki 178 vermietete Wohnungen. Weitere 669 Wohnungen in 33 Häusern betreibt die 1908 gegründete Genossenschaft für Bauen und Wohnen (GBW). Die bietet immerhin 41 600 Quadratmeter Wohnfläche und 35 900 Quadratmeter Garten, außerdem den Kiosk »Niddablick«.
165 Wohnungen sind noch bis mindestens 2046 in der Sozialbindung, sagte die Vorstandsvorsitzende Antje Rinn bei der Ausschuss-Sitzung im Rathaus zu den Stadtverordneten. Die Kaltmiete soll dort nun um 14 Cent auf 5,59 Euro pro Quadratmeter steigen. Bei den übrigen Wohnungen steigt sie alle drei bis vier Jahre um maximal 15 Prozent – aktuell zum Beispiel um 83 Cent auf 6,41 Euro.
Davon können Wohnungssuchende nur träumen. »Aktuell weisen wir keinen Leerstand auf«, bedauerte Antje Rinn. Zwar zähle der älteste Mieter 97 Lenze, und das Durchschnittsalter der Mieter sei mit 59 Jahren relativ hoch. Doch auf der Warteliste stünden 193 Namen. Und wer eine Zweizimmerwohnung wolle, müsse vorher mindestens fünf Genossenschaftsanteile zu je 205 Euro kaufen.
In die Modernisierung der meist aus den Sechziger- und Siebzigerjahre stammenden Wohnblöcke investierte die GBW 2022 rund 1,5 Millionen Euro, berichtete Antje Rinn. Ein Neubau mit 16 Sozialwohnungen sei in Massenheim geplant – doch angesichts der fehlenden Förderrichtlinien könne man nichts fest versprechen.
Was kann man noch tun, um Wohnraum zu schaffen? Das fragte der Grüne Jens Matthias die Genossenschafts-Chefin. Zusätzliche Stockwerke auf die Häuser setzen? Das sei bisher nicht vorgesehen, so Antje Rinn. Oft lebe ja ein alter Mensch allein in vier Zimmern. »Aber man kann keinen zwingen, in eine kleinere Wohnung zu ziehen.« Die SPD-Stadtverordnete Lucia André ergänzte: »Älteren Menschen fehlt die Energie umzuziehen. Und die neue Miete wäre viel höher als die alte.«
Von Klaus Nissen