Karben. Winterzeit ist Spielezeit, das war auch schon in alten Zeiten so. Wofür Kinderherzen vor 50 oder 100 Jahren schlugen, das kann im Heimatmuseum Karben am ersten Öffnungstag im neuen Jahr wieder bestaunt werden.
Wer im Degenfeld’schen Schloss in Groß-Karben die schöne alte Holztreppe hinaufsteigt, trifft am Ende des Flures auf das »Spielzimmer«. Hier sind Bauernhof-Tiere zu bewundern, schön aus Holz gearbeitet oder Puppenhäuser aus unterschiedlichen Zeiten. Vielleicht ein Aha-Erlebnis für die Mädchen und Jungen von heute und deren Eltern, denn sie spiegeln die Erwachsenenwelt mit Farben, Formen und Material wider.
Original eines
Kaufmannsladens
So sind in einem Puppenhaus die zierlichen Möbel hellblau und grün lackiert. Der Kaufmannsladen ist mit Waage, Tresen und offenen Regalen ausgestattet, ganz so wie der »echte«, der in einem anderen Schauraum im Museum aufgebaut ist mit der Originalausstattung eines Kaufmannsladen aus Groß-Karben.
Puppen und Puppenwagen fehlen nicht im Spielzimmer und auch nicht winterliche Sportgeräte wie Schlitten und Schlittschuhe. Nachdenklich hält Jürgen Hintz vom Geschichtsverein Karben ein paar Schlittschuhe in Händen, mit denen sich vor über 100 Jahren Erwachsene und Kinder auf das Eis trauten. Möglich war das an frostigen Wintertagen, wenn die Nidda die Feuchtwiesen überschwemmt hatte.
Der fußförmige Untersatz ist aus Holz gefertigt, darunter befinden sich die Eisenkufen. Mit Lederriemen wurden diese einfachen Schlittschuhe an die beschuhten Füße geschnallt. Was es natürlich nicht gab, waren Knieschoner, Ellenbogenschoner und Helm.
Rodelschlitten aus Holz mit Metallkufen haben ihre Grundform über Jahrhunderte behalten und sind beliebt bis heute. Da bräuchte es nur etwas Schnee, dann sind Kinder damit unterwegs.
Etwa 1000 Besucher – Vorträge gefragt
Anders ist es dagegen mit den großen, von Pferden gezogenen Schlitten. Zu bewundern ist so ein Exemplar in der landwirtschaftlichen Ausstellungshalle. Es ist ein leichter eleganter Schlitten für zwei Personen, in offener Bauweise ohne schützendes Dach. Wer darin saß, war sicherlich in dicke Decken gehüllt. Diese Art von Winterspaß in Karben ist schon lange vorbei und wird angesichts des Klimawandels auch nicht mehr kommen.
Rund 1000 Besucher haben in 2023 das Heimat- und Landwirtschaftsmuseum Karben besucht, in dem mehrere komplett ausgestattete Schauräume mit Original-Möbeln, ein Schulraum und die Sammlungen zum ländlichen Leben nebst der Landmaschinenhalle einen Einblick in das alte Karben geben. Doch das allein lockt die Menschen nicht ins Museum. »Highlights sind unsere Vorträge und die Öffnungstage zu einem bestimmten Thema«, sagt Rainer Obermüller vom Geschichtsverein Karben und zuständig für den Museumsdienst.
Im September hatte der Vortrag über historische Grenzsteine und Grenzen von Professor Dr. Peter Hübner, Bad Vilbel, viel Zuspruch. Im November war das Museum zu St. Martin geöffnet. Im Juli lockte das Dorffest in Groß-Karben viele Besucher ins Museum. Im April hielt die Karbener Archäologin Dr. Nina Schücker einen Vortrag über römische Funde in Okarben, Töpferware rotglasiert, sogenannte Terra Sigillata.
»Wir planen 2024 weitere interessante Vorträge«, erklärt Obermüller. Die umfangreiche Sammlung des Museums von Werkzeugen zur Holzbearbeitung soll von Dieter Schäfer, einem gelernten Schreiner, vorgestellt werden. Monika Heinz wird einen Vortrag über Poesie-Alben halten. Für historisch Interessierte ist ein Vortrag über Kriegerdenkmäler in Karben vorgesehen. Ganz wichtig ist in den Augen des Vorstandes der Kontakt zur jungen Generation: »Die sehr nachgefragten Führungen von Monika Heinz für Schulklassen wird es auch im Jahr 2024 geben«, verspricht Obermüller. Von Anne-Rose Dostalek