Einmal im Jahr, und zwar immer im November, sehnt sich Ritter Bechtram nach seinem Pferd zurück. Dann empfängt er nämlich Post, Post von seiner Autoversicherung. Notorisch steht motorisch in diesem Schreiben eine schlechte Nachricht. Wieder ist die Versicherung teurer geworden. Obwohl Bechtram seit ewig unfallfrei fährt und die Zahl der Unfälle Jahr für Jahr weniger werden.
Wir mussten aber mehr für Unfälle zahlen, schreibt die Versicherung. Aber stimmt das denn oder ist vielleicht die Gutachter-Mafia gut im Gefälligkeitsgeschäft mit den Versicherungen verbandelt, fragt sich Bechtram. Er hat da so einen Verdacht, aber seine Versicherung bestreitet das: keine Manipulation. Aber Ritter Bechtram ist erfahren und weiß, glaub keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast. Von 2009 bis 2015 ist sein Beitrag jedenfalls auf diese Tour um 165 Euro von 606 auf jetzt 771 Euro angestiegen. Das ist eine Steigerung von über 27 Prozent in nur sechs Jahren, Donnerwetter!
Was Bechtram noch speziell ärgert, ist die Tatsache, dass sein Auto von Jahr zu Jahr zwar älter wird, er also aus der Kasko-Versicherung im Schadensfall weniger Leistung zu erwarten hat, genau die Kasko laufend teurer wird. Ein Geschäft ist das wie mit Gott, denkt er, man muss dran glauben oder es sein lassen! Seit 2007 hat Bechtram den Beitragssatz von 30 %, seit 2010 ist er in der niedrigsten Schadensfreiheitsklasse (SF) 25 angekommen. Da – wo es um seine eigene Verantwortlichkeit geht, nicht um für ihn unverifizierbares Massenverhalten – ändert sich nie etwas zu seinen Gunsten. Weniger als 30 % und SF 25 geht nicht, sagt die Versicherung. Aber warum denn nicht?
Obwohl die Teuerungen aus seiner Sicht unlogisch sind, wird ihm diese „Schnapsgeschichte“ regelmäßig mit Zahlen garniert aufgetischt, die er als Kunde überhaupt nicht verifizieren kann. So dass er sich leise fragt, wer kontrolliert eigentlich diese entfesselte Versicherungsbranche und wer die Kontrolleure? Nicht dass Bechtram den Überwachungsstaat fordert, aber beim Tanz mit Versicherungen und mit Gutachtern sollte man schon die Augen offen halten. Bei den vielen Missbrauchsfällen, über die Medien berichten, verdichtet sich bei Bechtram doch schon der Eindruck, dass man es gelegentlich nicht nur mit einem schwarzen Schaf, sondern gleich mit einer Herde schwarzer Schafe zu tun haben könnte. (sam)