Bad Vilbel. Bei sternenklarem Himmel gab es für die Teilnehmer des zweiten „Stadtrundgangs mit Nachtwächterin“ am Samstagabend wieder viel über Bad Vilbel zu erfahren. Gleich zu Beginn lenkte Nachtwächterin Ute Pfeiffer die Aufmerksamkeit auf eine unscheinbare Fassade am Marktplatz 11. Hier wurde am 21. Juli 1900 Stadtgeschichte geschrieben. Dort hatte Karl Brod in 75 Metern Tiefe einen Mineralbrunnen erbohrt, „damals die europaweit kohlensäurehaltigste Mineralquelle“, wie Pfeiffer berichtete. In der Folge hat Bad Vilbel das Prädikat Bad erhalten.
Ums Wasser drehte sich auch früher schon eine Menge in der Quellenstadt. Am Denkmal für Friedrich Grosholz am Marktplatz erfuhr die Gruppe, dass der Landvermesser im 19. Jahrhundert der Gründer der Mineralwasserindustrie war. In Tonkrüge gefüllt und auf Pferdewagen verladen, hatte er das Vilbeler Wasser im gesamten Rhein-Main-Gebiet vertrieben. Weiter ging es auf dem Stadtrundgang über die Nidda-Brücke, auf der bis 1841 noch Wegezoll zu entrichten war, über das Römermosaik zur erleuchteten Burg. Von ihrem Turm aus hielt im 14. Jahrhundert Raubritter Bechtram Ausschau nach Kaufleuten, welche die Brücke passieren mussten. Als Bestrafung für seine Überfälle wurde die Burg 1399 erstmals zerstört. In ihrem heutigen Zustand befindet sie sich seit 1959.
Ute Pfeiffer (42), von Beruf Versicherungsangestellte, hat alle wichtigen Daten im Kopf. Weiter führte sie durch den Kurpark an Zehntscheuer und Nikolaus-Kirche vorbei zum Lohgerber-Brunnen. Er steht am Fuße der ehemaligen Lohgasse – „einst eine regelrechte Amüsiermeile“ – und ist den Fellgerbern gewidmet, die hier bis Ende des 18. Jahrhunderts ihr übelriechendes Handwerk ausübten. Nach eineinhalb Stunden endete die kurzweilige Führung an der Stadtschule, der früheren Posthalterei und Heimstatt des Nachtwächters.