Karben. Wenn irgendwo in Karben Musik gemacht wird, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit eine der Bläserklassen der Kurt-Schumacher-Schule (KSS) oder eines der drei Jugendorchester beteiligt. Schon seit über 20 Jahren wird an der Gesamtschule intensive musikalische Aufbauarbeit geleistet. Dieses Erfolgsmodell würdigt der Wetteraukreis jetzt mit dem Wetterauer Schulpreis 2019.
Aber wie funktioniert diese musikalische Aufbauarbeit? Im Mittelpunkt stehen die Bläserklassen. Sie haben gleich mehrere Vorteile, und zwar für alle Beteiligten.
Sebastian Prediger, der die Tuba spielt, hat es das schwere Teil angetan, »wegen der tiefen Töne«, wie er sagt. Seit fünf Jahren bläst er die Tuba, spielt sowohl in der Stadtkapelle Karben als auch im Jugendorchester Attacca. Corin Sachse hatte bereits einen Draht zur Musik, denn er spielte Klavier. Als Fünftklässler kam er in die Bläserklasse und lernte das Saxofonspielen.
Drei Wünsche frei
»Viele, die hierherkommen, haben vorher noch gar kein Instrument gespielt«, sagt Musiklehrer und Orchesterleiter Claus-Carsten Behrendt. »Zunächst probieren die Schüler alles aus. Manche entdecken dabei Instrumente, an die sie vorher noch nicht gedacht haben.« Damit aber nicht alle plötzlich Saxofon oder Trompete spielen, hilft die Schule ein wenig nach. Die Schüler hätten drei Wünsche frei, »eines der Instrumente wird es dann«.
Und dann beginnt der Unterricht. Gelehrt werden entweder ein Holz- oder ein Blechblasinstrument. Für Schüler am Bläserklassenprojekt gibt es vier Stunden Musikunterricht pro Woche, zwei mehr als für die übrigen Schülerinnen und Schüler. Das bezieht sich auf die fünften und sechsten Jahrgangsstufen.
Und was kommt ab Jahrgangsstufe Sieben? Dann können die Mädchen und Jungen in eines der drei weiterführenden Jugendblasorchester wechseln.
Genau das unterscheidet die musikalische Erziehungsarbeit an der KSS von der Musikerziehung an anderen Schulen. Möglich macht das eine Kooperation sowohl mit der Musikschule Bad Vilbel und Karben als auch mit der Stadtkapelle.
Angeboten werden die Jugendorchester »Aeroflott«, »Intermezzo« und »Attacca«. Dadurch können die Schüler eine musikalische Ausbildung bis zum Schulabschluss haben.
Dass das Erlernen eines Instrumentes stark nachgefragt ist, zeigt sich an den Schülerzahlen. Nach Angaben von Direktorin Ursula Hebel-Zipper und Claus-Carsten Behrendt nehmen über 130 Schüler an den Bläserklassen teil. »Ein Großteil kommt aus dem Gymnasialzweig. Aber wir haben auch viele Schüler aus dem Realschulzweig«, betonen die Verantwortlichen. »Das sind inzwischen so viele, dass wir erstmals eine Bläserklasse aus dem Realschulzweig bilden konnten.«
Sie weisen ebenso darauf hin, dass die Bläserklassen einen integrativen Charakter haben. Sprachbarrieren würden durch das gemeinsame Üben überwunden. »Wir haben auch Schüler aus den DAZ-Klassen beim Projekt.« DAZ heißt Deutsch als Zweitsprache, das sind Klassen, in denen beispielsweise Flüchtlinge unterrichtet werden.
Übrigens kostet der zusätzliche Instrumentalunterricht die Eltern nur ein Bruchteil dessen, was sie sonst für privaten Musikunterricht zahlen müssten. Auch die Tatsache, dass ihre Kinder die Freizeit sinnvoll gestalten, ist wichtig bei dem Projekt.
Alle bleiben am Ball
Aber die Direktorin weiß auch, dass es bei manchen in der Pubertät einen Bruch geben könne. »Bei uns bleiben die meisten Schüler aber trotz Pubertät am Ball.« Der pädagogische Wert liegt laut der Verantwortlichen darin, dass gemeinsam etwas einstudiert und auf ein Konzert hin geübt wird.
Behrendt kann nur einen kleinen Teil der Konzerte aufzählen, die von den Jugendorchestern im Jahr gespielt werden: Sommerkonzerte, Gottesdienste, Volkstrauertag, Hochzeiten, Martinsumzüge, Weihnachtskonzerte und mehr.
Dass die KSS den Schulpreis 2019 erhält, freut die Macher ganz besonders. Der Orchesterleiter sagt: »Ich bin stolz auf die Schüler.« Direktorin Hebel-Zipper betont: »Ich bin stolz auf alle, die am Projekt mitwirken.« Das bezieht sich zweifelsohne auch auf Behrendt. Der Musiklehrer und Orchesterleiter gibt zu, das Projekt sei sehr zeitaufwendig. »Aber es lohnt sich.«