Bad Vilbel. Es sind keine Blumen in Bad Vilbel zu sehen. Haben die Mitarbeiterinnen des Gartenamts nichts zu tun? Weit gefehlt. Die Dekoration auf dem Weihnachtsmarkt stammt genauso aus ihren Händen wie die Silvesterdeko in der Vilco. Und dann müssen die Pflanzen für den nächsten Sommer auch noch herangezogen werden. Mareike Hubeler zeigt, was im Winter in den Gewächshäusern passiert.
Stauden aussäen, Weihnachtssterne bewässern oder Weihnachtskränze binden – auch im Winter haben die zwei Angestellten und zwei Azubis des Gartenamts Bad Vilbel viel zu tun. Bei einem Besuch der Gewächshäuser pikieren die Auszubildenden Melanie Šuk und Denise Ebelshäuser die ausgesäten Stauden. Was genau bedeutet das? Wenn die Stauden ausgesät wurden, sind viele Jungpflanzen auf einem Haufen. Damit sie Platz zum Wachsen haben, werden die kleinen Stauden voneinander getrennt, und jede Jungpflanze bekommt ihren eigenen Blumentopf.
Stiefmütterchen in Wechselflorbeeten
Dafür werden die Plastiktöpfe in einem Korb angeordnet. Samt Korb kommen die Töpfchen in eine Maschine, die sie mit Erde befüllt. »Früher haben wir das selbst gemacht. Jetzt geht es viel schneller«, sagt Mareike Hubeler, Leiterin des Gartenamts. Nachdem die beiden Azubis die Körbe zurück an ihren Arbeitsplatz gebracht haben, füllen sie händisch noch etwas Erde nach. Mit einem Pikierstab wird ein Loch in die Erde gestochen, bevor die Setzlinge liebevoll eingesetzt werden. Neben den Stauden haben die Frauen auch schon Stiefmütterchen, Vergissmeinnicht und Silberblätter angepflanzt. Diese werden in den Wechselflorbeeten der Stadt ausgepflanzt, aber auch in Kübeln und Kreiseln. Zwölf dieser Wechselflorbeete gibt es in Bad Vilbel. In ihnen werden über das Jahr verteilt immer wieder andere Blumen gepflanzt.
Über den Winter werden die Pflanzen der Stadt in einem der vier Gewächshäuser gelagert. Es gibt ein Warmhaus, ein Kalthaus und zwei Folienhäuser. Im Kalthaus werden die Pflanzen pikiert. Dort stehen auch einige Blumen wie die Paradiesblume. Wer genau hinschaut, entdeckt dort auch das indische Blumenrohr. Die Knolle der Pflanze lagert unter den Rolltischen. Dort können sie liegen, da die Knollen kein Wasser benötigen. Im Januar oder Februar müssen die Pflanzen nur geputzt und die trockenen Teile abgeschnitten werden. Dann können sie in den Wechselflorbeeten oder in Kübeln ausgepflanzt werden.
Im Warmhaus warten unter anderem die Weihnachtssterne auf ihren Einsatz. Im Gegensatz zum indischen Blumenrohr stehen die Weihnachtssterne auf den Rolltischen, denn sie müssen regelmäßig bewässert werden. Das System dahinter ist genau so ausgeklügelt wie simpel: Schläuche führen von drei Behältern, die in den Boden eingelassen sind, auf die Tische. Somit werden die Pflanzen von unten bewässert. »Das ist wie an der Nord- oder Ostsee. Deswegen heißt es auch Flut und Ebbe«, erklärt Hubeler.
Genauso sieht es auch aus, als Hubeler die Tische demonstrativ flutet. Langsam bahnt sich das Wasser seinen Weg durch die Rillen im Rolltisch, bis nach einigen Minuten der gesamte Tisch geflutet ist. Hubeler kann genau einstellen, wie lange die Tischplatte geflutet bleiben soll. Danach wird das Wasser durch die Schläuche wieder zurück in die Becken gepumpt, so dass kein Wasser verschwendet wird. Zwei Vorteile hat die Bewässerung von unten: Die Wurzeln wachsen nach unten, und die Blätter bleiben trocken, wodurch Sonnenbrand verhindert werden kann.
Die beiden »unteren« Gewächshäuser haben eine zusätzliche Ausstattung, die den Folienhäusern fehlt. Sie haben einen Energieschirm, der die Wärme in den Gewächshäusern hält. Der Schirm öffnet und schließt sich automatisch. Gleiches gilt für den Schattenschirm, der vor allem die Jungpflanzen vor Sonnenbrand schützt.
Freude über eine Bananenstaude
Während im Warmhaus Pflanzen herangezogen und im Kalthaus pikiert werden, können sich die Pflanzen in den Folienhäusern an die Umgebungstemperatur gewöhnen. Momentan überwintern dort unter anderem Palmen oder Bananenstauden. Auf eine der Stauden sind die Mitarbeiterinnen der Gärtnerei besonders stolz. Ihre Wurzeln wurden von Wühlmäusen nahezu komplett gefressen. Also haben die Frauen die Staude gestutzt, und jetzt hat sie wieder ausgetrieben.
Vor den Feiertagen haben die Mitarbeiterinnen noch die Dekoration für den Weihnachtsmarkt und die Silvesterparty in der Vilco ausgeliefert. »Damit wollen wir die kreative Ader etwas ankurbeln«, sagt Alexander Kasimir, Leiter der Grünflächenpflege. Im Januar geht es weiter mit der Vorbereitung für den Sommer: Die Sommerbepflanzung muss ausgesät werden. Ab Mai ist der sogenannte Sommerflor in den Beeten zu sehen.
Ansonsten sind die Frauen damit beschäftigt, die Pflanzen umzupflanzen und umzuräumen. Gerade bei den Palmen ist das ein größerer Aufwand. »Die Palmen gibt es schon, seit ich meine Ausbildung hier gemacht habe«, erklärt Hubeler. Damit sie die Palmen weiterhin transportieren können, werden die Wurzeln regelmäßig gekürzt.
Ein- bis zweimal in der Woche werden die Klebefallen auf Schädlinge überprüft. Gerade im Frühjahr, wenn die Jungpflanzen für den Sommer heranwachsen und die Blattläuse besonders hungrig sind, müssen die Gärtnerinnen aufpassen. Um den Schädlingen zuvorzukommen, benutzt das Gartenamt allerdings keine chemischen Pflanzenschutzmittel. Hubeler setzt auf Nützlinge. Dabei kann sie zwischen verschiedenen Mischungen wählen, die gegen unterschiedliche Schädlinge wirken.
In den Beuteln, die an die Pflanzen gehängt werden, befinden sich unter anderem Schlupfwespen, australische Marienkäfer und Fadenwürmer.
Nur wenn es gar nicht anders geht, greifen die Gärtnerinnen auf chemische Pflanzenschutzmittel zurück. Das schützt nicht nur die Natur, sondern auch die Mitarbeiterinnen, damit sie nicht nur über die Feiertage gesund bleiben, sondern das ganze Jahr über. Schließlich geht ihnen die Arbeit nicht aus.
Von Jennifer Ningel