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Werner rollt davon! – Chef der Polizeistation übernimmt im Oktober Führungsposition in Gießen

Nach fünfeinhalb Jahren bekommt die Polizeistation Bad Vilbel / Karben einen neuen, noch nicht ernannten Chef. Denn Torsten Werner, der Leiter, wechselt Mitte Oktober zum Kriminaldauerdienst nach Gießen. Im Gespräch mit der FNP berichtet er von Erfahrungen mit den Themen Bürgernähe, Prävention und den nächsten Herausforderungen.

Bad Vilbel/Karben. Eigentlich könnte sich Torsten Werner (49) in seinem Büro im Bad Vilbeler Riedweg gemütlich zurücklehnen. Es gibt keine wirklich brisanten Ecken in der Stadt. Die Aufklärungsquote liegt um die fünfzig Prozent, und es bestehen gute Kooperationen, wenn es um Prävention geht. Doch Werner verlässt das Revier am 16. Oktober, geht zum Kriminaldauerdienst (KDD) der Kripo in Gießen. Dort wird er zuständig sein für die Kriminalbeamten, die sich rund um die Uhr für den Erstangriff, die sofortige Sicherung von Tatorten, kümmern, vom Einbruch über Sexualdelikte bis hin zum Mord. Auch eine Fahndungsgruppe soll er leiten. Der Grund: „Ich habe noch einige Berufsjahre vor mir“, sagt Werner, „da stellt sich die Frage nach Veränderung, nicht zu lange an einer Stelle zu bleiben.“ Der Dienstweg vom heimischen Ranstadt sei zwar nur wenige Kilometer kürzer, sagt der Erste Kriminalhauptkommissar, doch hat er künftig wieder mehr mit schweren Fällen zu tun, so wie zu seiner Zeit beim Bundeskriminalamt, wo er in den 80er Jahren deutschlandweit gegen den illegalen Waffenhandel ermittelte. Die Mitarbeiter, die Bürger – das waren für Werner wesentliche Motive in seiner Bad Vilbeler Dienstzeit. Bürgernäher sollten seine Beamten werden, auf Radstreife ansprechbar sein, mit den lokalen Akteuren ins Gespräch kommen, Prävention betreiben. Einiges hat er in dieser Zeit erreicht, aber auch gemerkt, dass er zwischen dem eigenen Anspruch, und dem was erreichbar ist, differenzieren müsse.

Fall ungelöst

An zwei herausragende Ereignisse in seiner Vilbeler Zeit erinnert sich Werner besonders – sie zeigen zugleich auch das Spektrum zwischen Erfolg und Scheitern auf. Da ist der Fall des Mannes, der am Nordbahnhof beinahe zu Tode geschlagen wurde. Werner ist sehr zufrieden, dass jenes versuchte Tötungsdelikt rasch mit Hilfe von Augenzeugenaussagen aufgeklärt werden konnte. Weniger Erfolg hatte die „AG Magdalene“, die den Tod des am 27. Mai 2010 entdeckten toten Säuglings klären sollte. Es sei noch immer nicht gelungen, die Hintergründe aufzuklären.

Dank der guten Zusammenarbeit mit den Friedberger Kollegen seien indes zwei Serien von Raub und Brandstiftung aufgeklärt worden. Auch eine sehr positive Erfahrung sei die Zusammenarbeit mit den Rathäusern in Bad Vilbel und Karben sowie mit der Feuerwehr und den Schulen. Doch um wirklich erfolgreich Taten zu verhindern, weiß Werner, sind Prävention und das Mittun der Bürger wichtig. Das sei beim Thema Wohnungseinbruch gelungen. Selbstkritisch räumt Werner aber ein, es sei nicht gelungen, mehr Hinweise von Bürgern zu erhalten. Auch die Sache mit dem Präventionsrat sei steckengeblieben. Nun suchten die Polizisten die direkte Zusammenarbeit etwa mit Schulen oder der Suchtberatung, mit der es etwa gemeinsame Rundgänge auf dem Vilbeler Markt gab.

Auch die Idee mit den Streifen per Rad oder Segway, die mehr Nähe zu den Bürgern und Gelegenheit für Gespräche bieten sollten, wird nicht so oft aufgegriffen, wie der Revierleiter es gerne sähe: „Das ist von der Motivation der Mitarbeiter abhängig“, räumt er ein.

Hinzu komme die starke Fluktuation auf dem Revier, der weiteste Dienstweg führt derzeit 120 Kilometer bis hinter Marburg. Die Identifikation mit der Bevölkerung falle umso schwerer, je weiter man von Zuhause weg sei. „Und jeder hat eine eigene Persönlichkeit.“ Im September 2011 gab es erstmals seit vielen Jahren auch einen Tag der offenen Tür auf dem Revier. Das Stichwort bringt Werner zum Nachdenken. „Es wäre wieder an der Zeit im nächsten Jahr – aber das müssen dann meine Kollegen machen.“

Unfallflucht

Als Herausforderungen an seine Kollegen sieht der scheidende Chef drei Aufgaben. Das Wichtigste sei die Prävention, „das ist das, was wir beeinflussen können“, betont er. Das Bürgergespräch, auch der Schutzmann vor Ort, der in Karben eine sehr hohe Akzeptanz habe. Zweitens sei da die enorm hohe Quote von Unfallflüchtigen bei bereits 350 von jährlich 800 bis 900 Unfällen. Da gelte es, verstärkt Aufklärung zu betreiben über die Folgen dieser Straftat. So seien ältere Verkehrsteilnehmer überdurchschnittlich an „Parkplatzremplern“ beteiligt. Da könne die Fahrerlaubnis nicht nur entzogen werden, sondern vielleicht dauerhaft weg sein, wenn die Erwischten die erneute Fahrprüfung verpatzten.

Wichtig ist Werner auch das Thema sichere Schulwege. Vor Jahren organisierte er dazu am Schulzentrum sogar einen Aufklärungstag nebst eigens gedrehtem Video. Werner bedauert, dass es zur Einschulung keine solche Aktion gegeben habe. Immerhin: trotz der Enge rund um das Schulzentrum sei bisher „so gut wie nichts“ passiert.