Bad Vilbel. 45 Besucher hatten sich zu zwei Abenden bei der Christuskirche eingefunden, als Pfarrer Dr. Klaus Neumeier über den Bestseller „Der Gotteswahn“ des englischen Evolutionsbiologen Richard Dawkins berichtete und zum Gedankenaustausch einlud. Provokativ und reißerisch wird bereits auf dem Buchumschlag ein Statement Dawkins vorausgeschickt, das da lautet: „Ich bin ein Gegner der Religion. Sie lehrt uns, damit zufrieden zu sein, dass wir die Welt nicht verstehen.“
Mit einem Ausschnitt aus einer Fernsehshow kam zunächst Dawkins selbst zu Wort. Doch zeigte sich ebenso wie im Buch, wie wenig ihm an einem wirklichen Dialog gelegen sei und wie stark er polarisieren wolle. Der Atheismus scheint für Dawkins angesichts naturwissenschaftlicher Erkenntnisse die einzig nachvollziehbare Geisteshaltung zu sein. Mit dieser Absolutsetzung des eigenen Ansatzes und der menschlichen Möglichkeiten vertritt er laut Dr. Neumeier, auch innerhalb wissenschaftlicher Kreise eine Randposition: „Dawkins geht davon aus, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis alle Rätsel der Menschheit gelöst sein werden.“ Es falle ihm schwer, sich auf geschichtliches und philosophisches oder theologisches Denken einzulassen. „Sein einziges Werkzeug zur Erkenntnis von Wahrheit und Wirklichkeit ist die Naturwissenschaft“, hält Neumeier ihm vor. Dementsprechend seien Sinn- oder Wertfragen für ihn letztlich gar keine Fragen, mit denen sich eine Beschäftigung lohne.
Dawkins malt eine „heile Welt“, in der es keine Religion gibt und demnach auch keine Selbstmordattentäter, keine Anschläge auf U-Bahnen, keine Kreuzzüge, keine Aufteilung Indiens, keinen Krieg zwischen Israelis und Palästinensern, kein Blutbad unter Serben/Kroaten/Muslimen, keine Verfolgung von Juden als „Christusmörder“, keine „Ehrenmorde“, keine Evangelisten, die Menschen das Geld aus der Tasche ziehen („Gott will, dass ihr gebt, bis es wehtut“) usw.
Richard Dawkins liefere „ein Zerrbild von Religion, die für ihn an allem Übel in dieser Welt Schuld“ sei. Daraus folgert Neumeier: „Nein, Richard Dawkins hat von der Theologie und von der Geschichte des Alten Testamentes nicht viel begriffen.“
Mit viel Beifall dankten die Besucher dem Referenten, berichtet Lutz Rosenkranz. (sam)