Karben. So konnte es nicht weitergehen. Über Jahre hatte der Nachbar von Rainer K.* seine Familie mit lauter Musik beschallt. „Auch im Freien“, betont der Karbener. Bitten halfen nicht, auch keine Gespräche, schließlich waren die Fronten verhärtet. „Ich habe lange abgewogen, ob ich etwas unternehmen soll, schließlich währte die Nachbarschaft schon seit Jahrzehnten“, sagt K. Aber der Lärm habe einfach überhand genommen.
Vor Gericht wollte K. nicht gleich ziehen. Deshalb wandte er sich an das Karbener Schiedsamt und fand schließlich bei Dieter Lenz Hilfe. Der 61-Jährige ist vereidigter Schiedsmann bei der Stadt Karben. Er und sein Stellvertreter Norbert Greulich helfen Bürgern bei der einvernehmlichen Schlichtung von nachbarrechtlichen Auseinandersetzungen, bei bestimmten Strafsachen (wie Verletzung des Briefgeheimnisses) und bei Vermögensstreitigkeiten bis zu 750 Euro.
„Bevor ich das Amt antrat, hätte ich mir nicht vorstellen können wie viele Nachbarn im Streit liegen“, sagt Lenz. Die hohe Anzahl habe ihn regelrecht schockiert.
Anlässe zur Uneinigkeit bieten sich überall, wie das berühmte Beispiel vom Maschendrahtzaun belegt. Da wuchern des Nachbarn Büsche über den Zaun, da lässt einer seinen angrenzenden Vorgarten verunkrauten. „Manchmal geht es nur um einen einzigen Ast, der einen Meter überhängt.“
Häufig aber geht es um Grenzverletzungen oder Sachbeschädigungen, wenn Grundstücksbesitzer Maßnahmen ergreifen, die beim Nachbarn zu Beschädigungen führen. Und so manches Mal spielen Vorfälle eine Rolle, die schon lange zurückliegen und nach denen sich ein Riesenberg an Wut angesammelt hat. Es könne gar zu „psychischem Terror kommen“.
Das Ziel eines Schlichtungsverfahrens sei immer, „den Streit im beidseitigen Einvernehmen zu schlichten“, betont Dieter Lenz. „Der Schiedsmann spricht kein Recht, sondern sein Ziel ist der Kompromiss, den beide Seiten akzeptieren.“ Dazu ist immer eine Ortsbegehung nötig. „Damit ich weiß, worüber wir reden“. Gelingt keine Einigung, bleibt nur ein Schiedsverfahren. Dabei hilft Dieter Lenz bei der Formulierung des schriftlichen Antrags. „Dieses Amt ist eine Herausforderung an mich“, sagt er. Nach 40 Jahren Berufstätigkeit in leitender Funktion, in der er stets „nach oben“ Rechenschaft ablegen und viel mit seinen Mitarbeitern reden musste, habe er genügend Menschenkenntnis und eine hohe soziale Kompetenz. „Ich kann meine Erfahrungen im Schiedsamt gut anwenden und weiß, wie ich auf menschlicher Basis zu einer möglichen Lösung beitragen kann“.
Das hat er in mittlerweile sieben Schlichtungsverfahren bewiesen, die in vier Fällen zu einer gütlichen Einigung führten. Daneben gab es einige Anfragen, die nicht zu einem Schiedstermin führten. Sie heißen daher „Tür- und Angelfälle“.
Dieter Lenz ist Bankkaufmann im Ruhestand, wurde nach einer öffentlichen Ausschreibung von den Stadtverordneten auf fünf Jahre gewählt. Das Amtsgericht Frankfurt hat die Ernennung beider Schiedsmänner bestätigt, der Bürgermeister führte sie ins Amt ein. Schulungen beim Bund deutscher Schiedsmänner sowie tatkräftige Unterstützung der bisherigen Schiedsleute Fritz Amann und Stefan Mayerhofer halten Lenz und Greulich theoretisch und praktisch fit.
So konnte auch Herrn K. geholfen werden. „Die Schlichtung verlief unkompliziert, unparteiisch und hat sich gelohnt“, sagt der.
* Name von der Redaktion geändert
Das Schiedsamt ist montags von 14 bis 15 Uhr im Rathaus besetzt.