Die Absage wäre viel glaubwürdiger gewesen, wenn er nicht drei verschiedene Erklärungen für seine kurzfristige Absage des Besuches gebracht hätte: Eine Erkältung, unerwarteter Besuch der Schwiegereltern und schlechtes Wetter. Ich glaube, er hatte keine Lust und hätte es zumindest schlauer gefunden, wenn er nur eine Erklärung geliefert hätte.
Vieles Reden ist nicht immer gut. Der Volksmund sagt dazu: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold“. Das ist kein Lob der Schweigsamkeit an sich, aber manchmal trauen Menschen ihren Worten offenbar zu wenig zu und „verlieren“ dann zu viele. Mir geht es dann so, dass die Menge der Glaubwürdigkeit nicht gerade zuträglich ist und langweilig kann so etwas auch werden. Predigten, in denen wir Pfarrer oder Pfarrerinnen bei diesem einen Mal alles Wichtige sagen wollen, finde ich in der Regel langweilig. Für andere Reden gilt das genauso. Im Zusammenhang mit einigen Sitzungen fällt mir dann oft der Ausspruch von Heinz Erhardt ein: „Es ist zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von allen“ – und dann geht es endlos weiter. Wie schön wäre da manchmal etwas weniger.
Ich will damit aber nicht die Sprachlosigkeit oder Wortkargheit loben. Das Plaudern zwischen Freunden genieße ich sehr, ein ernstes Gespräch will ich nicht missen oder wenn sich jemand das Herz ausschüttet. Ich meine so manchen vergeblichen Versuch, seine eigene Glaubwürdigkeit durch viele Worte hervorheben zu wollen. Das gelingt selten und ich glaube, es ist auch nicht nötig. Wichtiges, ehrliches oder persönliches, kann ich in der Regel auch in wenigen Worten ausdrücken und die haben dann viel mehr Gewicht. Jesus sagt das in der so genannten Bergpredigt (Matthäus 5, Vers 37): „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.“ Er wendet sich in dieser Stelle gegen das Schwören und das kommt mir ganz modern vor. „Ich schwöre …“ – wenn ich das höre, wird mein Argwohn erst recht geweckt. Ein schlichtes Ja oder Nein, wäre vermutlich glaubwürdiger gewesen. Menschen, die klar und bestimmt ihre Meinung vertreten, strahlen für mich viel größere Autorität und Glaubwürdigkeit aus, als solche die ständig und dauernd viel erzählen, erklären, begründen und beteuern. Probieren Sie doch einmal aus, wie viel Gewicht ein deutliches Ja oder Nein hat. Wir dürfen unseren Worten ruhig so viel zutrauen.
Pfarrerin Ulrike Mey
Ev. Christuskirche Bad Vilbel