Thomas Stewens vom TV Bad Vilbel war im Hallenfünfkampf der Altersklasse M 45 im finnischen Jyväskylä nicht zu schlagen. Bei der Hallen-Weltmeisterschaft der Leichtathletik Senioren errang der Mehrkämpfer nicht nur den Weltmeistertitel, sondern stellte mit 4066 Punkten auch einen neuen Weltrekord auf.
Bad Vilbel. Dabei war Stewens mit einem dreiwöchigen Trainingsrückstand nach einer gerade auskurierten schweren Grippe angereist und startete unsicher in die ersten Disziplinen. In einer Gruppe mit der Altersklasse M 40 eingeteilt, beeindrucken Top-Athleten wie der schwedische Weitsprung Rekordhalter Mattias Sunneborn, aber auch Eduard Hämäläinen, einer der besten Zehnkämpfer aller Zeiten und der amtierende Europarekordhalter der Klasse M 45 Jean-Luc Duez.
Nachdem der 60-m-Hürdenlauf, eine Paradedisziplin des Vilblers, mit der zweitbesten Zeit von 9,08 sec noch in Ordnung ging, geriet der Weitsprung mit 5,66 Metern zum Desaster. Dann folgt ein erster ungültiger Versuch im Kugelstoßen. Als auch beim zweiten Versuch die 7,26 kg schwere Stahlkugel schmerzhaft über die Finger rollt und bei schwachen 10,33 Meter landet, schienen die Medaillenaspirationen in weite Ferne gerückt zu sein. Platz 4 und über 200 Punkte hinter dem eigenen Fahrplan, lautete die ernüchternde Zwischenbilanz. Der Wettkampf drohte, an Stewens vorbei zu laufen. Für den dritten und letzten Versuch im Kugelstoßen werden Fehler analysiert, Bewegungsmuster korrigiert und die Finger bandagiert. Angefeuert von den anderen Athleten legte Stewens die ganze Kraft in diesen letzten Versuch. Bei 12,39 m schlägt die Kugel auf dem finnischen Hallenboden auf: ein Ergebnis, das Stewens nicht nur schon seit Jahren nicht mehr gelungen war, sondern das ihn als Besten der Riege auch in den Wettkampf zurück katapultierte.
Im Hochsprung dann liefert sich Stewens ab 1,72 m ein Duell mit dem starken Briten Ian Allen und dem amtierenden Hochsprung-Weltmeister (M 45) Karl Hawke, nachdem alle anderen Athleten und auch der führende Jean-Luc Duez bei 1,72 m gepasst hatten. Für Stewens schien die Latte selbst bei 1,78 m noch liegen bleiben zu wollen, überlegte es sich dann aber doch anders. Kein Beinbruch, denn auch die verbleibenden 1,75 Meter brachten ihm und Ian Allen viele Punkte im Titelkampf ein. Der Amerikaner Karl Hawke sprang dann noch begeisternde 1,81 m und entschied den Hochsprung für sich.
Nach dem guten Hochsprungergebnis war Stewens dann zur eigenen Überraschung nicht nur auf Goldkurs, sondern plötzlich schien auch der Europarekord von Jean-Luc Duez möglich. Bei einer Zeit von unter 2:53 min für den abschließenden 1000 m Lauf wäre sogar der Weltrekord des US-Amerikaners Christopher Bates gefährdet. Hochmotiviert gingen Stewens und die andern Mehrkämpfer im Kampf um die Medaillen an den Start. Im üblichen kurzen Gerangel nach dem Startschuss geschieht dann das, was den Mehrkampf so besonders macht: Jean-Luc Duez – der noch amtierende Europarekordhalter – macht den schnellen Weg auf der Innenbahn für Stewens frei und feuert ihn auf seinem Rekordlauf an. Stewens nutzt diese Chance und erkämpft sich mit einer Zeit von 2:49 min nicht nur neuen Europa- und Weltrekord, sondern auch die Goldmedaille im Fünfkampf.
Auf dem Siegerpodest hatte Stewens dann die Gelegenheit sich für die Unterstützung bei dem zweitplatzierten Jean Luc Duez zu bedanken. So hatte sich die akribische 18-monatige Vorbereitungszeit trotz des Trainingsrückstands der letzten Wochen für den Bad Vilbler doch noch gelohnt. Holger Rühl, Trainer und Abteilungsleiter des TV Bad Vilbel erwartet für die Zehnkampf-Europameisterschaft der Senioren 2012 in Zittau: „Wenn Thomas seine Form hält und gesund bleibt, dann müsste er, nachdem er letztes Jahr einen neuen deutschen Zehnkampfrekord aufgestellt hat, dieses Jahr sogar den Zehnkampfweltrekord von 7480 Punkten des österreichischen Vorzeigezehnkämpfers Georg Werthner verbessern können“. (zlp)