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Wehr funkt digital – Die Umstellung auf neue Technik beginnt in der Wetterau

Eine Herkulesaufgabe haben die Feuerwehren in der Wetterau vor sich: Bis Ende 2013 stellen sie auf digitale Funktechnik um. Das kostet viel Geld – und bringt mehr Verlässlichkeit im Einsatzfall.

Karben. Das Gerät, das Karbens Stadtbrandinspektor in der Hand hält, wirkt unspektakulär. Wie ein Handy sieht es aus, ein paar Knöpfe mehr hat es. Natürlich Stoßschutz. Und den Handapparat. „Im Prinzip“, sagt Thomas Bier, „ist das nichts Aufregendes“. Auch moderne bisherige Funkgeräte „sehen nicht gerade anders aus“.

Doch sind die neuen Funkgeräte etwas Besonderes: Sie arbeiten mit digitaler statt analoger Technik. Seit Jahren sollen neben Feuerwehren auch Polizei, Zoll, Rettungsdienst und Katastrophenschutz auf die neue, abhörsichere und zuverlässigere Technik umstellen – bereits zur Fußball-WM 2006 war das anvisiert. Lange Tests und vorsichtige Ausschreibungen bremsten immer wieder. Nicht zu vergessen der langwierige Netzaufbau: Wie für ein Handynetz mussten bundesweit Sende- und Empfangsmasten errichtet werden – samt Baugenehmigung.

Dass manch ein Feuerwehrkamerad über die neue Technik unkt, nimmt Thomas Bier nicht übel. Als am vergangenen Freitag zum ersten Mal in der Wetterau Feuerwehrleute für die neue Technik geschult wurden, seien die Vorbehalte flugs verflogen. „Viele sind ganz erstaunt über die Vorteile“, sagt Bier. Die liegen zum einen bei der Sprachqualität. „Bisher ist die teils sehr schlecht, oft hört man nur ein Rauschen.“ Besonders schlimm ist es in Innenräumen oder wenn der Funkende weit weg von einer Sendeantenne steht.

Viel bessere Qualität

Digital kommen die Worte glasklar an. „Selbst wenn man direkt neben einem laut laufenden Stromaggregat steht“, erklärt der Feuerwehrchef. In einer Vorab-Schulung haben das die Führungskräfte der Wetterauer Wehren ausprobiert – und waren begeistert.

Zum anderen ist mit der neuen Technik mehr Übersichtlichkeit möglich: Bisher funken Feuerwehr und Rettungsdienst auf derselben Frequenz. „Wenn einer spricht, kann kein anderer sprechen“, erläutert Bier. Gerade bei Einsätzen bremst das sehr. Mit digitaler Technik können nun zeitgleich mehrere Menschen mit jeweils anderen auf einem Kanal ungestört voneinander sprechen – Wartezeiten adé. Auch können Geräte in Gruppen zusammengefasst werden, etwa für alle, die an einer Einsatzstelle zusammenarbeiten. Für sie entsteht quasi ein Mininetz, indem nur die Beteiligten kommunizieren – dann aber nach Bedarf Rettung, Feuerwehr, Polizei zusammen, ebenso Kräfte von anderswo her. „Die Technik ist ja überall gleich“, sagt Kreisbrandinspektor Otfried Hartmann. „Das vereinfacht es sehr.“ Und zwar bundesweit.

2500 Leute schulen

Derzeit wird in jeder der Karbener Stadtteilfeuerwehren ein Fahrzeug mit dem neuen Funk ausgerüstet. „Zum Üben, um damit firm zu werden“, erklärt Thomas Bier. Nach und nach werden alle 90 Geräte in der Stadt ersetzt, auch in allen Fahrzeugen und der Leitstelle im Gerätehaus am Breul. 150 000 Euro haben Karbens Stadtverordnete dafür schon länger bereitgestellt, wobei das Land wohl knapp ein Drittel als Zuschuss erstattet. Weitere 100 000 Euro sollen digitale Funkmelder für Karbens Feuerwehrleute kosten. Mit kleinen Pagern werden die Einsatzkräfte alarmiert. Die Umstellung dauert bis 2015, während der Einsatzfunk 2014 in der Wetterau Standard sein soll.

Thomas Bier kümmert sich als einer von zwölf Ausbildern im Kreis nun 50 Wochenenden lang um die Weiterbildung der Kameraden. Die hat mit den ersten von 200 Karbener Einsatzkräften begonnen, zeitgleich für die ersten Feuerwehrleute aus Bad Vilbel. 2500 mit Sprechfunk betraute Einsatzkräfte von wetterauweit 4200 Feuerwehrfrauen und -männern bekommen die zweitägige Einweisung. (den)