Karben. Sommerzeit ist Reisezeit für Landespolitiker. Vizeministerpräsident Jörg-Uwe Hahn hatte dieser Tage Karben als Ziel. Es wurde ein lockerer Ausflug ins herausgeputzte Dörfchen Rendel.
Von seinem Zuhause in Dortelweil aus blickt Jörg-Uwe Hahn (FDP) tagtäglich nach Rendel hinüber. Bloß als er sich zur Besichtigung des Karbener Stadtteils angesagt hat, kommt Hessens Justizminister ein paar Minuten später am Treffpunkt an. „Ich war auf der falschen Spur“, entschuldigt er sich. „Ein Dorftreff ist für mich im Dorf.“ Doch die örtliche Entourage um Ortsvorsteher Ehrhard Menzel (CDU) wartet am Ortsrand. Zu recht, findet Rainer Obermüller. „Der Dorftreff ist lebendig und hier wird Lärm gemacht. Deshalb liegt er am Rand.“
Obermüller war Chef des Arbeitskreises Dorferneuerung. Zehn Jahre lang wurde bis 2009 mit dem Landesprogramm Karbens südlichstes Dorf schick gemacht. Die Ergebnisse wollte sich der Minister anschauen.
Und die Rendeler haben Einiges zu zeigen. Ob Dorftreff, Brunnen, Platz vor dem Alten Rathaus, Pfarrhaus oder diverse Privatgebäude: an 75 Stellen haben die Rendeler ihr Dorf saniert. 6,6 Millionen Euro wurden investiert; die Hälfte von der Stadt, je ein Viertel vom Land und von Privatleuten.
„Sind zehn Jahre nicht viel zuviel?“ fragt Jörg-Uwe Hahn. „Nein, eher zu wenig“, antwortet Rainer Obermüller und der Minister zieht die Augenbrauen staunend nach oben. „Die Bevölkerung braucht die Zeit und die Verwaltung auch.“ Die Vorbereitungen seien aufwändig, schließlich wollten die Bürger auch genau wissen, wofür Geld ausgegeben wird. „Wir wollten das ja nicht rausschmeißen.“ Ein Beispiel dafür finden Obermüller in der Kendelgasse: den seit vielen Jahren geschlossenen Nahkauf-Markt.
„Der frühere Bürgermeister Detlev Engel wollte unbedingt einen Dorfladen haben, und wenn es Hunderttausende kostet“, erinnert sich der frühere Chef des 15-köpfigen Bürgergremiums. Das startete eine Umfrage. Ergebnis: Die Rendeler wollen gar keinen Dorfladen, weil es mit Hofläden, Bäckereien und Klein-Karbens Rewe genug Einkaufsmöglichkeiten gibt. Derart habe der Arbeitskreis alles hinterfragt. „Wir wollten aus dem Geld das Beste machen“, berichtet Obermüller. „Zum Abnicken waren wir uns zu schade.“ Selbst wenn manch ein lokaler Politiker nur ungern zuhört: Vom Minister kommt ein anerkennendes Nicken. „Sehr vernünftig.“
Natürlich denken die Karbener dran, während des einstündigen Rundgangs ihre Wünsche unterzubringen. Dass auch das restliche Stück der Ortsdurchfahrt noch erneuert wird, fordert Bürgermeister Guido Rahn (CDU).