Karben. Seit der Bahnhofsvorplatz in Groß-Karben von einer Video-Kamera überwacht wird, sind die Autoaufbrüche zurückgegangen. Zudem wurde ein Seriendieb dingfest gemacht. Nun möchte die CDU die Video-Überwachung ausweiten: auf die Kloppenheimer Seite des Bahnhofs und auf den S-Bahn-Halt Okarben. Damit aber können sich nicht alle anfreunden.
Als sich der frühere Polizeirevierleiter Jürgen Werner in den Ruhestand verabschiedete, hatte er noch eine erfreuliche Nachricht für die Stadt: »Karben ist eine sichere Stadt«. Die Ursache dafür liegt aus Sicht des Verantwortlichen und der CDU-Mehrheitspartei sicher nicht nur, aber auch darin begründet, dass es am Karbener Bahnhof eine Video-Überwachung gibt.
Jahrelang war darüber gestritten worden, denn solche Anlagen genehmigt das Innenministerium normalerweise nur an Kriminalitätsschwerpunkten. Ob der Karbener Bahnhof ein solcher ist, ist durchaus strittig. Auf politischer Ebene ist jedoch entschieden worden, dass eine solche Anlage quasi als Vorbeugung auf dem Park-und-Ride-Platz aufgebaut wird und den Bahnhofsvorplatz überwachen soll.
Grüne vermuten Wahlkampfmanöver
Dass dieses Projekt weiter umstritten ist, zeigte sich in der letzten Stadtparlamentssitzung dieser Wahlperiode. Denn die CDU-Fraktion hatte einen Antrag eingebracht, den Ausbau der Videoanlagen auf Kloppenheimer Seite und am S-Bahn-Haltepunkt Okarben zu prüfen. Anlass war offenbar, dass das Land Hessen für 2021 insgesamt 2,8 Millionen Euro bereitstellt für Kommunen, die solche Videoschutzanlagen aufstellen. Die Kommunen könnten dann damit rechnen, zwei Drittel der Anschaffungskosten vom Land zu erhalten.
Der Zeitpunkt, zu dem der CDU-Antrag ins Parlament eingebracht worden ist, kam dem Grünen-Fraktionsvorsitzenden Rainer Knak verdächtig vor. »Die CDU macht im Wahlkampf klar, dass Sicherheit ihr Thema ist.« Das wies CDU-Fraktionsvorsitzender Mario Beck vehement zurück. Vielmehr habe sich der Zeitpunkt deshalb ergeben, weil das Land Hessen jetzt die Gelder dafür bereitstelle.
Jurist Knak gab zudem zu bedenken, dass mit einer solchen Überwachung in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingegriffen würde. Auch dies wies Beck zurück, schließlich gebe es an jeder Tankstelle und in jedem Kaufhaus mittlerweile solche Überwachungsanlagen.
Umstritten war auch, ob zwei weitere Anlagen für Karben angesichts der Tatsache sinnvoll seien, dass Karben kriminaltechnisch als sichere Stadt eingestuft werde. »Diese Anlagen werden nur an Kriminalitätsschwerpunkten genehmigt«, wies der Grünen-Fraktionschef hin. »Karben hat kein Sicherheitsproblem, deshalb ist eine weitere Überwachung auch nicht gerechtfertigt.«
Der Linke Uwe Maag stieß ins gleiche Horn: Der Ort sei relativ sicher. »Eine weitere Kamera dient nur zur Befriedigung des subjektiven Sicherheitsgefühls.«
»Wir haben eine sichere Stadt«, betonte FDP-Stadtverordneter und Ortsvorsitzender Oliver Feyl. »Es gibt doch klare Vorgaben des Innenministeriums, wann und wo solche Anlagen aufgestellt werden dürfen. Zunächst muss doch sowieso die Polizei befragt werden«, begründete er, warum er sich der Stimme enthalten wolle.
Für die SPD meinte deren Fraktionsvorsitzender Thomas Görlich zwar, dass das ein guter Prüfantrag sei. »Jedoch macht keine zusätzliche Videoanlage den Bahnhof attraktiv, sondern nur dessen barrierefreier Umbau.«
Beck meinte zu den Sicherheitsbedenken und Eingriffen in die Grundrechte, der Datenschutzbeauftragte habe die bestehende Anlage genehmigt. Die Auflage sei, dass wenn die Kamera in Privathäuser leuchte, die Bilder verpixelt werden müssten. Zudem gehe es um den Schutz des Eigentums der Menschen, also sowohl deren Autos als auch deren Fahrräder.
Beck selbst gab auch zu, dass Karben eine sichere Stadt sei. »Das kann aber nicht bedeuten, dass wir die Hände in den Schoß legen.« Außerdem gehe es nicht allein um die Videoüberwachung. Die Stadt habe mehr getan, erinnerte Beck an die Einrichtung der Polizeiwache im ehemaligen Bahnhofsgebäude.
Muss Videoanlage abgebaut werden?
Als letzter Redner in der Debatte befürwortete Freie-Wähler-Fraktionschef Thorsten Schwellnus zwar eine zweite Videoüberwachungsanlage auch auf der Kloppenheimer Seite des Bahnhofs, wies jedoch auf einen ganz anderen Aspekt hin. »Das Ganze könnte eventuell nach hinten losgehen. Schließlich könnten die Behörden bei der Überprüfung der Situation feststellen, dass Karben eine sichere Stadt ist. »Dann müssten wir die bestehende Kamera am Bahnhof vielleicht sogar wieder abbauen.«
Von Holger Pegelow