Bad Vilbel. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat die Stadtverwaltung Bad Vilbel mit ihrem Chef Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr sowie seinem Amtsvorgänger Günther Biwer (beide CDU) im Visier. Es geht um Verdacht der illegalen Ablagerung von Erdaushub. Derzeit prüfen die Ermittler, ob in den vergangenen knapp zehn Jahren deutlich mehr Erde als vom Wetteraukreis genehmigt auf das zu Gronau gehörende Gelände „Heilberg“, unmittelbar an der Bundesstraße 521, nahe bei Bergen, hingeschüttet wurde – und ob Dr. Stöhr und Biwer dafür verantwortlich sind.
Sollte sich der Verdacht bestätigen, hätte die Stadt im Falle einer gerichtlichen Verurteilung gegen den Paragrafen 327 des Strafgesetzbuches verstoßen, der sich auch auf Abfall bezieht: „Unerlaubtes Betreiben von Anlagen“. Als Strafe stünde darauf eine Geldbuße oder bis zu drei Jahre Gefängnis.
Laut Doris Möller-Scheu, der Sprecherin der Staatsanwaltschaft Frankfurt, werde es noch mehrere Monate dauern, bis die Behörde zu einer abschließenden Beurteilung komme – und sage, ob die Ermittlungen eingestellt werden oder ob Anklage erhoben wird. Eines jedoch brachten bisherige Untersuchungen samt Probebohrungen immerhin schon ans Licht: Die angeschüttete Erde ist entgegen ersten Befürchtungen nicht mit Giftstoffen oder ähnlichem belastet.
Nach Informationen der Presse erstattete ein Privatmann bereits im Sommer 2005 bei der Kriminalpolizei in Gießen Anzeige. Sein Vorwurf: Die Stadt Bad Vilbel habe belastete Erde und Baureste – mutmaßlich aus Dortelweil-West und der Vilbeler Nordumgehung – für das „ökologische Ausgleichsgebiet Gemeindeacker“ in Gronau illegal aufgeschüttet. Die polizeilichen Ermittlungen starteten. Ergebnis: Offensichtlich wurde deutlich mehr Erde angeschüttet als die vom Wetteraukreis genehmigten 32 000 Kubikmeter; die Rede ist von 165 000 Kubikmetern. Wegen der möglichen Belastung des Bodens mit Schadstoffen bat die Polizei das Regierungspräsidium Darmstadt um eine Prüfung – und um eine Stellungnahme, ob wegen der großen Erdmenge eine zusätzliche Genehmigung im Sinne einer Abfallanlage oder Deponie nötig sei und damit eventuell gegen den Paragrafen 327 des Strafgesetzbuches verstoßen wurde. Das RP stellte seine Ergebnisse am 27. August 2007 der Kripo zur Verfügung, bemerkte „auffällige Hügel“, fand aber keine Schadstoffe. Details wollte RP-Sprecher Dieter Ohl mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht nennen. Bürgermeister Dr. Stöhr konnte am Montag die genannten Zahlen weder bestätigen noch dementieren. „Der komplette Sachstand ist mir derzeit nicht bekannt.“ Stöhr betonte jedoch, dass mit dem Erdaushub „eine der schönsten und wichtigsten Naturschutzmaßnahmen der Stadt“ realisiert wurde. Und dass die Stadt der Staatsanwaltschaft alle gewünschten Akten und auch den Bagger für Probebohrungen zur Verfügung stellte.
Gronaus Ortsvorsteher Karl Peter Schäfer (CDU) sieht die Ermittlungen ebenso gelassen der Rathauschef: „Da ist keine dramatische Problematik drin“. Vielmehr sei ein vorbildliches Biotop geschaffen worden, von dem die Gronauer profitierten und für das die Stadt wertvolle Öko-Punkte bekam. Für ihn sei nicht nachvollziehbar, warum die Staatsanwaltschaft ermittele – zumal sowohl die Naturschutzfachbehörden nach der Abnahme als auch die als kritisch bekannten Grünen das Projekt gelobt hätten. Er gehe davon aus, dass alles genehmigt sei. (zlp)