Karben. Drei Monate vor dem Wahltermin wird’s stürmisch: Am Thema Windkraft scheiden sich die Geister. Mitten durch die Koalition geht der Riss.
Die Idee ist verwegen und manch einer rieb sich die Augen, dass sie ausgerechnet von einem Christdemokraten kam: Auf der Kaicher Höhe zwischen Groß-Karben, Burg-Gräfenrode und Kaichen könne man doch noch ein paar Windräder bauen, preschte Bürgermeister Guido Rahn (CDU) vor.
Der nächste Paukenschlag kam direkt dazu: Die Bad Vilbeler überlegen, ob sie sich an einem solchen Projekt nicht beteiligen wollten. Offizieller Grund: Die Männerfreundschaft zwischen Rahn und seinem Bad Vilbeler Amtskollegen und Parteifreund Thomas Stöhr habe den Boden dafür bereitet.
Doch daheim in Karben bekommen die Energie-Ideen von Rahn Gegenwind ausgerechnet aus den eigenen Koalitionsreihen. Das sei „überraschend“, sagt FDP-Chef Oliver Feyl und pfeift den Rathauschef zurück. „Für die FDP steht fest, dass der Koalitionsvertrag von 2006 eingehalten wird.“ Sprich: Keine neuen Windräder in der Stadt. „Die Gedankenspiele“, warnt der Liberale den Bürgermeister, „können sich nur auf die Zeit nach der Kommunalwahl beziehen.“ Und auch für diese Zeit positioniert sich die Partei deutlich: „Die FDP lehnt neue Windkraftanlagen in Karben jetzt und auch in Zukunft ab“, sagt Feyl.
Auch von Koalitionspartner FW kommt Ablehnung, wenn auch weniger kategorisch. Sie kritisiert vor allem, dass die Bad Vilbeler ihre Windenergie-Ideen auf Karbener Gemarkung realisieren wollten. Das sei „völlig unverständlich“, sagt Laura Macho, Vorsitzende der Freien Wähler. „Aus der Wetterkarte geht eindeutig hervor, dass die Wetterau alles andere als ein effizienter Standort für Windkraftanlagen ist.“
Zudem habe Karben mit eventuell bald sechs Windrädern „ausreichend zu einem ausgewogenen lokalen Energiemix beigetragen“, sagt Laura Macho – und rechnet mit zwei weiteren zu den vier bereits vorhandenen Windrädern. Schließlich habe der Verwaltungsgerichtshof in Kassel den Karbenern geraten, im Streit mit Windradbauer Enercon um Windräder nahe Petterweil einen Vergleich zu schließen.
Der kräftige Gegenwind scheint CDU-Chef Mario Beck kalt zu lassen. „Es muss doch auch in einer Koalition erlaubt sein, einmal unterschiedlicher Meinung zu sein.“ Die Idee von Bürgermeister Rahn sei „nicht mehr als ein Gedankenspiel“ gewesen.
Nun wolle man erstmal die Prüfung der Idee abwarten und dann „je nach den ökonomischen Konditionen nochmal darüber sprechen“. Auch wenn das Vorantreiben eines solchen Vorhabens für seine Partei nicht alltäglich sei, geht Beck aber von einer „großen Akzeptanz innerhalb der CDU“ aus. Denn die vier bestehenden Anlagen seien in der Bevölkerung inzwischen akzeptiert, selbst bei einstigen Gegnern.
Den Hinweis von FDP-Chef Feyl auf die nächste Wahlperiode aber versteht Mario Beck durchaus. Da müsse man eben nachverhandeln, sagt er. Dass sich Liberale und FW im Vorfeld der Kommunalwahl am 27. März positionierten, sei normal. „Jede Partei geht mit eigenen Positionen in den Wahlkampf. Wir treten ja nicht als Koalition an.“ Die gegensätzlichen Meinungen trübten auch das Verhältnis innerhalb der Koalition nicht, versichert Mario Beck. „Die Zusammenarbeit bisher war hervorragend.“ Allerdings: Dass die Grünen in den vergangenen Monaten im Parlament immer wieder zusammen mit der Koalition abstimmten, habe ihn gefreut, gibt der CDU-Chef zu. „Mit ihnen kann man auf kommunaler Ebene durchaus auskommen.“ Deshalb sei die CDU weiterhin „offen für eine Zusammenarbeit in Sachfragen“. Das Ziel der Partei sei zwar, die jetzige Koalition fortzuführen. Das aber hänge vom Votum des Wählers ab. Und wenn nötig, sei die CDU für andere Konstellationen offen. „Wir können“, sagt Beck, „mit jedem sprechen, außer der Linkspartei“. (den)