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Umgehung für 2012 gestorben – Verwaltungsgericht entscheidet 2011 nicht mehr über Klage

Karben. Verzweiflung war ihr Antrieb. 300 Menschen gingen in Groß-Karben für den schnellen Bau der Nordumgehung auf die Straße. Sie zogen direkt vor die Häuser derjenigen, die sich gegen das Projekt wenden.

Nur wenige Tage nach der Demonstration wird klar: Einen Baubeginn im Jahr 2012 können die Karbener abhaken. „Das wäre unrealistisch“, räumt Bürgermeister Guido Rahn (CDU) ein. Im Entwurf für den Landeshaushalt für 2012 dürfte das Projekt fehlen. Den hatte Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) kürzlich vorgelegt.

Eine schnelle Lösung des Konflikts scheint in weiter Ferne zu liegen. Nicht nur herrscht Funkstille zwischen den Gegnern und dem Rathaus – Verzögerung auch bei Gericht. „Für eine mündliche Verhandlung ist kein Termin absehbar“, erklärt die Sprecherin des Gießener Verwaltungsgerichts, Sabine Dörr. Klar sei nur: „Den wird es wohl nicht mehr in diesem Jahr geben.“ Zum einen wartet der Richter noch auf die Stellungnahmen des Landes zur Klage. Zum anderen benötige er Zeit, um sich in die viele Aktenordner umfassende Materie einzuarbeiten, erläutert Dörr.

Derweil scheinen sich in Groß-Karben die Fronten in der Bürgerschaft nach der Demo zu verhärten. In Leserbriefen melden sich Menschen zu Wort und verurteilen die Demo. „Das ist doch keine Art des Umgangs“, findet beispielsweise Lothar Oertel. Dass sich die Gegner vor das Haus des BI-Sprechers stellten und diesen an den Pranger stellten, habe ihn erschreckt. Ähnlich reagiert Jutta Handstein: Wie „mit Trillerpfeifen und Massendruck gegen Menschen, die eine andere Meinung haben“, vorgegangen werde, „das bestürzt mich“. Sie spricht von „Volks-Mobbing“ gegen jene, „die mutig und entschlossen ihre andere Meinung“ verträten.

Demo als Mobbing verurteilt

Grünen-Fraktionschef Mario Schäfer pflichtet ihr bei. „Diese Hetzjagd ist einer aufgeklärten Demokratie nicht würdig.“ Offenkundig habe die Bürgerinitiative überdreht und die Reaktionen darauf falsch eingeschätzt. Für die Nordumgehung zu demonstrieren, sei zwar legitim. „Nicht legitim ist, einen Bürger öffentlich in massiver Weise anzugreifen, der lediglich die Möglichkeiten unseres Rechtsstaats nutzt“, findet Schäfer.

„Es ist gutes Recht jedes Einzelnen zu klagen, dagegen spricht niemand“, entgegnet Bürgermeister Rahn. Doch sei es auch Grundrecht, in einer Demokratie seine Meinung zu sagen. Nicht mehr als das sei in der „sehr geordneten und gesitteten Veranstaltung“ am Sonntag geschehen.

Über die Folgereaktionen sei Umgehungsgegner Schäfer zwar überrascht, doch könne man nicht vom Trend sprechen. „Es berührt einfach das Gerechtigkeitsempfinden vieler, wenn so gegen einen Einzelnen vorgegangen wird.“(den)