Karben. Sieben Stadtteile, über 23 000 Einwohner – Karben ist eine der größten Städte im Wetteraukreis. Bei so viel Nachbarschaft lassen Streitigkeiten nicht lange auf sich warten. Dann kommt nicht selten zwecks Mediation Gabriele Kloka ins Spiel, beziehungsweise ihre Stellvertreterin Anne Bücheler, sie sind die Schiedsfrauen in Karben.
In der Regel geht es bei Streitigkeiten von Einwohnerinnen und Einwohnern um Besitzansprüche. Widerrechtliche Veränderungen von Grundstücksgrenzen, überhängende Äste, zu hohe Hecken und Zäune zählen zu den Klassikern. Aber auch Beleidigungen und Bedrohungen sind immer wieder Konfliktpunkte.
Bevor solche Fälle vor dem Amtsgericht verhandelt werden, wird als dessen unterste Instanz das örtliche Schiedsamt vorgeschaltet. Entscheidend ist: Es darf sich um keine strafrechtlichen Delikte handeln, sondern nur um Fälle bis zu einem gewissen Schweregrad.
In Karben gibt es mit Gabriele Kloka und Anne Bücheler zwei ehrenamtliche Schiedsfrauen. Ihre Wirkungsstätte befindet sich in einem kleinen Bürogebäude an der Nordseite des Rathausparkplatzes. Wenn es möglich ist, versuchen sie dort, durch Mediation Streitfälle außergerichtlich zu schlichten.
Kloka ist seit über zehn Jahren Schiedsfrau und hat in dieser Zeit viele Streitereien erlebt. Ihre Bilanz hört sich zunächst einmal gar nicht schlecht an: »Die überwiegende Zahl aller Fälle endet mit einer Einigung, selbst wenn es am Anfang überhaupt nicht danach aussieht. Manche Personen sind völlig zerstritten hierhergekommen und haben sich zum Schluss die Hände gereicht«, erzählt die frühere Gymnasiallehrerin.
Dennoch habe sich das Grundverhalten der Menschen in den vergangenen Jahren spürbar zum Negativen gewandelt. »Früher kannten sich die Nachbarn größtenteils ein Leben lang, konnten Dinge von Haus zu Haus besprechen und klären. Das ist inzwischen längst nicht mehr so. Auch in den Karbener Straßen hat sich zunehmend Anonymität breit gemacht. Mit dieser Anonymität sinken bei vielen Bewohnern die Hemmschwellen. Es fällt vielen dadurch leichter, gegen die Nachbarn vorzugehen.«
Diese Interpretation ließe sich auch an Zahlen festmachen, bilanziert Kloka. Früher seien innerhalb eines Jahres unter zehn Anträge beim Schiedsamt eingegangen, jetzt käme man kaum mehr mit der verfügbaren Zeit hinterher.
Wenn Gabriele Kloka in Aktion tritt, geschieht das häufig nach demselben Muster. Noch während des ersten Kontaktes, der oft telefonisch stattfindet, werden alle Standpunkte und Fakten sondiert. Gemeinsam wird die weitere Vorgehensweise erörtert. Danach geht der Gegenpartei eine schriftliche Nachricht zu, dass Kontakt mit dem Schiedsamt besteht und die Schlichtung des Streitfalles angestrebt wird. Diese Reihenfolge müsse nicht zwingend eingehalten werden, habe sich aber bewährt, teilt die Okarbenerin mit.
»Pro Antrag berechnen wir eine Aufwandsentschädigung von 70 Euro, da für uns bei der Abwicklung Kosten entstehen«, führt sie weiter aus. »Diese Summe ist ein Vorschuss, der nicht voll ausgeschöpft werden muss. Unentschuldigtes Nichterscheinen zu Terminen oder ungebührliches Verhalten kann die Summe allerdings erhöhen.« Im Normalfall lägen Schiedsverhandlung bei ungefähr 40 Euro.
Bei negativ verlaufenden Verhandlungen stellt das Schiedsamt eine Erfolglosigkeitsbescheinigung aus. Der Sache muss dann in einem Gerichtsprozess vor dem Amtsgericht geklärt werden. Im positiven Fall wird vom Schiedsamt ein Protokoll angelegt, das 30 Jahre Gültigkeit besitzt. In dieser Zeit ist die verhandelte Einigung maßgeblich.
Zweimal sei sie während ihrer Tätigkeit direkt angegriffen worden, sagt Gabriele Kloka. Der Gedanken daran bereite ihr noch immer Gänsehaut. »Die Leute kamen herein und waren direkt aggressiv. Sie waren der Meinung, die Strukturen am Schiedsamt nicht einhalten zu müssen. In einem Fall bekam ich sogar noch eine Dienstaufsichtsklage an den Hals.«
Kontakt
Das Schiedsamt Karben befindet sich in der Ramonville Straße 1–3 (Parterre links). Bis auf Weiteres sind die Schiedsfrauen nur telefonisch zu erreichen unter den Rufnummern 0 60 39/24 23 (Kloka) und 0 60 39/35 64 (Bücheler).
Von Jürgen Schenk