Bad Vilbel. Beim Aschermittwochs-Heringsessen der FDP stand die „Energiepolitik in Hessen und Bad Vilbel“ auf der Tagesordnung. „Wir alle wollen, dass die Waschmaschine jederzeit läuft, aber in Zeiten des Klimawandels stehen Energiever-sorger stark in der Kritik“, eröffnete Parteivorsitzende Annette Jost. Wie sich der örtliche Energieversorger für die künftigen Herausforderungen rüsten, schilderte der Geschäftsführer der Stadtwerke, Klaus Minkel.
Fachleute prognostizieren, dass die Anzahl der Stadtwerke künftig drastisch sinke, so Minkel. Grund dafür sei die Verdrängungsstrategie der vier großen Energie-Erzeuger RWE, EON, Vattenfall und EnBW. Statt mit den Stadtwerken zusammenzuarbeiten, nutzen diese Konzerne zwei „Ausgänge“. Zum einen die Energiebörse, über die Stadtwerke ihren Strom teuer einkaufen, zum anderen den eigenen Vertrieb, über den Endkunden günstig versorgt werden. Für Minkel steht daher fest, dass nur jene Stadtwerke überleben können, denen es gelingt, „sich der Produktionsstufe anzuschließen“. Seit 2003 seien die Stadtwerke Bad Vilbel daher bemüht, einen eigenen Zugang zur Erzeugung zu erlangen. Mit dieser Zielsetzung habe sich der heimische Energieversorger mit anderen Stadtwerken zusammengeschlossen und kooperiere mit dem dänischen Erzeuger DONG (der BVA berichtete). Dieser realisiert derzeit ein modernes Kohlekraftwerk in Lubmin, nahe Greifswald an der Ostsee, das 2012 ans Netz gehen soll.
Der Stadtwerke-Zusammenschluss verfüge über eine Beteiligungsoption von 25,1 Prozent. Für die Vilbeler Stadtwerke belaufe sich die Option auf 20 Megawatt, so Minkel. Er bezifferte die Investitionssumme seines Unternehmens auf 25 Millionen Euro. Binnen 15 Jahren sei die Investition steuerlich abgeschrieben, und Strom könne dann halb so teuer produziert werden.
„Derzeit werden rund 73,5 Prozent des deutschen Stroms aus Kohle und Kernkraft produziert“, eine Menge, die nach Auffassung des Geschäftsführers mangels Masse weder durch Importe noch durch alternative Energien ersetzt werden könne. Mit ihrem Angebot wollen die Stadtwerke möglichst alle Marktsegmente und Verbraucherwünsche berücksichtigen. Daher seien sie um Beteiligung an einer Windkraftanlage in der Ostsee ebenso bemüht wie an der Möglichkeit, zertifizierten Strom aus Wasserkraft hinzuzukaufen. „Aber nur mit Kohle, Öl und Erdgas ist es möglich, die lückenlos erforderliche Grundspannung für eine funktionierende Stromversorgung zu erhalten“.
Das Ostseekraftwerk werde an einem alten Kernkraftwerkstandort der ehemaligen DDR errichtet. „Ein neues Kohlekraftwerk ist wirtschaftlicher und umweltfreundlicher als ein altes, weil der Wirkungsgrad wesentlich höher und die CO2-Emission wesentlich niedriger ist“, sagt Minkel, der die Reduzierung des CO2-Ausstoßes auf 30 bis 60 Prozent je nach Kraftwerkstyp bezifferte. Ab 2020 sei das Kraftwerk zusätzlich auf CO2-Abscheider nachrüstbar, die die Schadstoffbelastung der Atmosphäre zusätzlich mindern sollen.