Bad Vilbel verklagt den Wetteraukreis. Wegen zu geringer Zahlungen für die Unterbringung der Flüchtlinge, die der Stadt zugewiesen wurden, ist eine Klageschrift nun beim Verwaltungsgericht Gießen eingegangen. Auch in Karben rumort es, obwohl ein Signal aus Wiesbaden für CDU-Chef Mario Beck zumindest ein Schritt in die richtige Richtung ist.
Bad Vilbel. Seit kurzem sind es in Bad Vilbel nicht mehr 47, sondern 49 Flüchtlinge, die in die Obhut der Stadt übergeben wurden. Weitere 84 werden erwartet. Doch das Geld, das die Stadt für eine angemessene Unterbringung und Integrationsleistungen über den Wetteraukreis zugewiesen bekommt, ist zu wenig, sagt die Stadtverwaltung. Deswegen kommt es nun zur Klage. Die bewertet der Dortelweiler Liberale Jörg-Uwe Hahn sogar als Musterklage mit wegweisender Funktion für andere Kommunen. Kurz vor Weihnachten 2013 bezogen die ersten Flüchtlinge ihre Wohnungen in den städtischen Liegenschaften in der Frankfurter Straße 48 und der Homburger Straße 66b. Für die Unterbringung erhält die Quellenstadt einen Pauschalbetrag vom Landkreis.
7,30 Euro pro Tag
„Bad Vilbel war schon immer eine Stadt, die Flüchtlinge mit offenen Armen willkommen geheißen hat. Wir versuchen, den bei uns buchstäblich gestrandeten Menschen eine neue Heimat zu geben und sie schnellstmöglich bei uns zu integrieren. Viel von unserem umfangreichen Engagement versuchen wir dabei durch die Stadtverwaltung zu leisten, und auch die ehrenamtliche Arbeit der Bürgerschaft, der Vereine und der Kirchen ist bekanntlich enorm“. zählt Sozialdezernentin Heike Freund-Hahn (FDP) die erbrachten Leistungen auf. Doch Freund-Hahn fühlt sich allein gelassen. „Alle Ebenen, also Stadt, Kreis, Land und Bund, sollten sich der wichtigen Aufgabe der Integration der Flüchtlinge stellen, es ist schließlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir nur gemeinsam bewältigen können. Leider reichen die bisherigen finanziellen Mittel, die der Wetteraukreis den Kommunen für die Unterbringung zur Verfügung stellt, bei weitem nicht aus, weswegen wir nun eine Entscheidung vor Gericht herbeiführen.“ Bisher erhält Bad Vilbel vom Kreis für jeden untergebrachten Flüchtling 7,30 Euro pro Tag. Davon sollen die umfangreiche Herrichtung und Erstausstattung der städtischen Wohnungen sowie die generelle Unterbringung der Flüchtlinge finanziert werden. Der Kreis erhält allerdings 600 Euro pro Monat pro Flüchtling, also 20 Euro pro Tag. Er muss dafür die medizinische Versorgung sicherstellen.
Eine Kostenkalkulation habe ergeben, dass aktuell bereits ein Fehlbetrag im mittleren fünfstelligen Betrag vorliegt. „Für das zweite Halbjahr 2014 hat der Wetteraukreis angekündigt, dass Bad Vilbel mit weiteren 84 Flüchtlingen rechnen muss. Wir und auch der Wetteraukreis selbst sind daher an einer gerichtlichen Entscheidung zur Finanzierung durch das Landesaufnahmegesetz interessiert. Weil das Thema auch in zahlreichen anderen Kommunen von Bedeutung ist, dürfte das Thema hessenweit von Interesse sein“, sagt Freund-Hahn. Doch eine weitergehende Kommunikation mit Städten wie Karben und Rosbach, die ebenfalls Klagemöglichkeiten prüfen, gibt es nicht, wie Stadtsprecher Bastian Zander ausführt. „Karben etwa hat andere Gründe angeführt, wegen derer es zur Klage kommen soll“, erklärt er.
Für Stadtsprecher Bastian Zander ist unklar, ob das Verwaltungsgericht Gießen, das sich wohl noch im Oktober der Sache annehmen will, die Fälle gemeinsam behandelt. Doch der Kasus Bad Vilbel könnte richtungsweisend für andere Städte sein. Bei allem Ärger über die fehlende Solidarität des Kreises dürfe man nicht vergessen, dass man Menschen in Not helfe. Daher sei die Handlung des Magistrats richtig, trotz ungeklärter Finanz-Regelungen mit dem Kreis Unterkünfte anzumieten und einzurichten. Seite 3