Monatelang, so las ich in irgendeiner Fußnotengeschichte, monatelang bewarb sich ein Verliebter erfolglos um die Angebetete. Er litt Herzensqualen, weil er immer wieder abgewiesen wurde, aber er blieb beharrlich. Und endlich gab die Liebste nach und sagte ihm: Komm nach da und da morgen Abend, da will ich auf dich warten.“
Natürlich saß der Freier zur verabredeten Zeit am ausgemachten Ort, schnell saß er neben seinem schönen Mädchen. Es war still um die beiden. Er griff in die Tasche und zog ein Bündel Liebesbriefe heraus, die er ihr, ohne sie abzuschicken, in den letzten Wochen geschrieben hatte. Es waren schöne Briefe, wunderbare Worte teils zärtlich, teils leidenschaftlich. Die Briefe sprachen von seinem brennenden Schmerz und von dem Wunsch, endlich mit ihr die Liebe genießen zu können. Er las vor, die Zeit verrann, er las immer weiter. Schließlich unterbrach ihn die junge Frau:„Du Narr. Deine Briefe handeln alle von mir und deiner Sehnsucht nach mir. Und nun bin ich hier neben dir, wollte mit dir sein, und du liest nur deine alten Briefe vor.“ Könnte es sein, dass Gott neben mir sitzt und über mich lächelt: „Du zerbrichst dir deinen Kopf über mich, redest von mir, stellst Fragen, denkst nach, suchst mich, liest sogar oder schreibst Bücher über mich. Warum bist du nicht endlich still und horchst und spürst mich?“ Im Wochenspruch wird ein Psalm zitiert, also eine Gebet, ein Lied: „Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ (Psalm 103,2) Und er tut es weiter, spüren sie mal hin.
Gottes Segen bleibt spürbar. Eine gute Zeit wünscht Ihr
Werner W. Krieg, Pfarrer
Ev. Kirche Massenheim