Bad Vilbel. Wer in Fischers Büro zu Besuch kommt, erlebt im Treppenhaus zunächst einen nostalgischen Moment. Dort steht eine alte Zapfsäule, noch aus D-Mark-Zeiten. Neben der Preisangabe klebt ein Schild: Der Betrag solle mal zwei genommen werden. Das war jene Zeit, als der Liter Benzin gerade die Eine-Mark-Marke knackte. „Geeicht bis 1978“ steht auf einem weiteren Aufkleber.
Diese Zeiten sind längst vorbei, das kann der Hessol-Besitzer auch an seiner Tankstelle im Massenheimer Gewerbegebiet beobachten. Kürzlich fiel der Preis für einen Liter Super auf 1,59 Euro – mit dem Resultat, das sich am Abend Autoschlangen bis auf die Straße bildeten und Ungeduldige auf die Hupe drückten.
Claus Fischer geht das Thema besonnener an. In seinem Büro über der Aral-Tankstelle an der Friedberger Straße relativiert er seinen Einfluss auf das Marktgeschehen. Preishoheit? Die Möglichkeit sei nur so groß, wie die Einstandspreise flexibel seien. Fischer ist nicht nur Eigentümer der Hessol (Hessische Oelwerke A. Fischer u. Sohn GmbH & Co. KG), er besitzt auch ein Tankstellennetz im Rhein-Main-Gebiet, Bayern und Thüringen. Er hat Lieferverträge für Aral (die deutsche Marke von BP) und Shell-Kraftstoffe. Wie viele Tankstellen das sind, will Fischer aber nicht öffentlich machen.
Die Mechanismen
Dafür verrät er einige Mechanismen der Benzinbranche. Der Ölpreis reagiere auf Schwankungen im Euro / -Dollar-Kurs, aber auch auf die Verfügbarkeit bestimmter Rohölsorten. Brent ist für Europa die wichtigste Rohölsorte. Brent ist ein eher leichtes Rohöl mit niedrigem Schwefelgehalt. Der Ursprung dieses Rohöls liegt zwischen den Shetlandinseln und Norwegen in der Nordsee. Durch Unterwasserpipelines wird es zu Ölterminals auf dem Festland gepumpt und von dort wird das Rohöl per Tanker oder Lkw weiter transportiert. Auch die internationale Politik spielt eine Rolle: libysches Erdöl habe in Deutschland einen Marktanteil von zehn Prozent, so Fischer.
„Das Tankstellengeschäft ist schwierig, sehr geringe Margen“, klagt Fischer und betont: „Die eigentlichen Gewinne werden alle am Bohrloch abgeschöpft.“ Die Tankstellen profitierten nicht von den Erhöhungen, weil deren Gewinn in Cent pro Liter und nicht in Prozent der Summe gerechnet werde.
Mit der Marke Hessol versuche er, „mit der Preisanpassung ein bisschen später zu sein.“ Drei bis vier Stunden hintendran, einen Cent günstiger, dass sind Fischers Stellschrauben. Aber „letztlich bleibt uns keine Wahl, als uns anzupassen.“
Zwei bis drei Mal täglich werden die Zahlen an der Preistafel elektronisch geändert. Der Verzicht auf größere Margen muss dann mit Mehrumsatz ausgeglichen werden. In diesem Sinne sieht der Tankstellenbesitzer seine Kunden als Verbündete: „Wenn die Autofahrer nicht mehr preissensibel tanken würden, könnte man diese Preispolitik nicht machen.“
Ins Ölgeschäft war Fischers Großvater im August 1919 als Mitbegründer der „Hessischen Oelwerke“ eingestiegen, damals allerdings nur mit Speiseölen und Fetten. Die wurden mit der Pferdekutsche ausgefahren. Firmensitz war damals noch das Fachwerkhaus „Alte Post“ in der Frankfurter Straße. Kraftstoffe nahm das Unternehmen erst nach dem Krieg ins Sortiment. Derzeit hat Hessol sechs Mitarbeiter.
Spediteure leiden
Unter den Spritpreisen leiden auch gewerbliche Kunden, wie der Massenheimer Spediteur Uwe Grillmayer. Dessen Laster müssen zwar nicht an der Zapfsäule von Hessol stehen, Grillmayer hat eine eigene Tankanlage. Doch weil dort alle zwei Wochen 30 000 Liter Diesel nachgefüllt werden müssen, spürt er den Preisdruck umso deutlicher. Zehn Cent mehr werden dann rasch zu 3000 Euro Mehrkosten. Das sei problematisch, findet Grillmayer, denn seine Kunden aus der Lebensmittelbranche hätten nur ganz knappe Margen, mitunter gebe es Nachverhandlungen, aber „den Rest müssen wir selbst schultern“.
Der Spediteur legt eine Dokumentation des Berufsverbandes Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung vor. Derzufolge hat sich der Dieselpreis für Großverbraucher von 78,15 Euro pro 100 Liter im Januar 2005 auf 118,99 Euro erhöht. Im Februar 2012 stieg der Dieselpreis im Vergleich zum Vorjahr um 8,6 Prozent.