Karbens SPD fordert einen Stopp des Verkaufs von Stadt- Vermögen. Aktuelle und ehe- malige Aktive der Partei fordern das. Und sie erneuern ihre Kritik am Verkauf des Degenfeldschen Schlosses: Parteichefin Christel Zobeley wirft der Regierung von Bürgermeister Guido Rahn (CDU) neuerlich „Fehler im Verkaufsprozess“ vor.
Karben. Mit Vorlauf von gerade einmal 36 Stunden hat die SPD eingeladen. Zur „Pressekonferenz zum Areal Degenfeldsches Schloss“ – lässt die Partei etwa eine ungeahnte politische Bombe platzen?
Ebbelwei, alkoholfreies Bier, Wasser serviert die Wirtin. Die gesamte Südwetterauer Presse ist angetreten. Und wozu nun? „Wegen der Berichterstattung in letzter Zeit“, erklärt Christel Zobeley. Es gehe ihr um „Klar- und Richtigstellung“.
Kein Brandschutz
Reichlich Gegenwind hatte die SPD zuletzt erlebt. Obwohl die Grünen mit einem Akteneinsichtsausschuss zum Schlossverkauf eigentlich Fehler der Regierung Rahn finden wollten. Das aber gaben die Unterlagen nicht her.
Dafür erfuhr die Öffentlichkeit, dass im Schloss für Museum und Jugendclub Nutzungsgenehmigungen fehlten, damit der Brandschutz. Auch, dass das Rote Kreuz umsonst das alte Feuerwehrgerätehaus nebenan nutzt. Und im Mietvertrag aus der Amtszeit von Bürgermeister Detlev Engel (SPD) fehlt wohl eine Ausstiegsmöglichkeit für die Stadt.
Nun wollen sich Engel und Zobeley erklären. Ehrenstadtrat Hans Puchtinger, bis 2004 Erster Stadtrat, sekundiert. Und Groß-Karbens Ortsvorsteher Hans-Jürgen Kuhl sowie Fraktionschef Thomas Görlich. Außerdem Harald Ruhl, SPD-Stadtverordneter und Sprecher des Arbeitskreises Dorferneuerung.
Das Rote Kreuz habe ehrenamtlich in und für die Stadt viel geleistet, erinnert Puchtinger. Es sei „aufgrund unserer Werte eine bewusste Entscheidung“ gewesen, dem DRK die Halle zu überlassen, erklärt Zobeley. „Auch andere Vereine konnten Räume kostenfrei nutzen“, ergänzt Harald Ruhl.
Erst mit dem Verkauf werde der Brandschutz zum Problem, findet Fraktionschef Görlich. Schließlich müsse dieser nur bei veränderten Nutzungen auf den neuesten Stand gebracht werden. „Da wird ein Popanz aufgebaut, um vielleicht von eigenen Fehlern abzulenken“, kreidet er der Regierung an.
„Vielleicht“ unsauber
Stadtrat Otmar Stein (CDU) kreidet Görlich an, dass niemandem die fehlenden Unterlagen auffielen – und den Schloss-Käufern, einer Investorengruppe aus dem Ort: „Einem Juristen und einer Architektin hätte das auffallen müssen.“ Im Rathaus hatte man sich dagegen auf korrekte Genehmigungen verlassen – und nach dem Verkauf festgestellt, dass sie fehlten.
„Zu eilig“ sei der Verkauf gelaufen, erneuert Görlich seine Kritik aus dem Akteneinsichtsausschuss. Es seien „bei weitem nicht alle Fragen“, geklärt gewesen, sagt Harald Ruhl. Es habe nie eine Abstimmung darüber im Ortsbeirat gegeben, „wie es guter Brauch ist“, schimpft Ortsvorsteher Kuhl. Mit 15Jahren Laufzeit für den Mietvertrag sei das Museum „nicht dauerhaft gesichert“, warnt Puchtinger. Wobei Harald Ruhl eingestehen muss: Das Konzept der Käufer „trifft weitgehend die Kriterien“ der Dorferneuerung. Thomas Görlich schränkt seinen Vorwurf an Rahn & Co., „gewisse unsaubere Arbeit“ abgeliefert zu haben, mit einem „vielleicht“ ein. Und ob es einen eigenen Abschlussbericht der SPD zur Akteneinsicht gebe, mag Görlich noch gar nicht sagen. Detlev Engel hört zu. Mehrfach versucht er, sich ins Gespräch einzuschalten. Was misslingt. Der Ehrenbürgermeister senkt den Kopf. „Wieso“, brummelt er leise, „bin ich überhaupt hergekommen?“
Die Journalisten werden unruhig. „Jetzt erklären Sie doch mal, warum wir hier sind“, fordert einer. Weil niemand mitbekomme, was wirklich in der Stadt laufe: „Der bedingungslose Verkauf von städtischem Grundeigentum und Vermögen“, sagt Detlev Engel. „Wir müssen etwas schonender umgehen mit Eigentum, was in Jahrhunderten entstanden ist.“ Da nicken alle am Tisch. Wenngleich Thomas Görlich fort einschränkt: Die Zeit für Immobilienverkäufe sei ja besser als vor zehn Jahren. „Aber jetzt“, sagt er, „muss es reichen. Sonst ist das Vermögen aufgezehrt.“ (den)