Der 193. Bad Vilbeler Markt wird wieder in zwei Etappen(vom 17. bis 20. August und vom 23. bis 25. August) gefeiert. Die Schausteller fühlen sich am Festplatz an der Büdesheimer Straße gut aufgehoben, haben aber auch Sorgen. So drohe eine verschärfte Tüv-Richtlinie für die „fliegenden Bauten“, wie die Fahrgeschäfte im Amtsdeutsch heißen.
Bad Vilbel. Eigentlich war das Festzelt von Eddy und Dennis Hausmann schon seit Tagen fertig – bis auf Strom und Theken, Kühlschränke, Küche. Dann mussten einige der 15 Mitarbeiter aber den gerade erst verlegten Holzboden im Eingangsbereich wieder neu beginnen. „Die Hitze“, kommentiert Festwirt Eddy Hausmann, ließ das Material wellig werden. Ständige Auf- und Abbauten sorgten zusätzlich für Materialermüdung. Das Zelt stand wenige Tage zuvor noch auf dem Erbacher Wiesenmarkt.
Attraktion Viehmarkt
Das Wetter ist die größte Sorge. „Wir sind dieses Jahr total wettergeschädigt“, klagt Hausmann: „Die Dippemess – verschneit und kalt, der Mai/Juni verregnet, dann die Kehrtwende mit Gluthitze“. Bis zu 40 Grad hätten den Umsatz um 50 Prozent einbrechen lassen. „Da ist eine unwahrscheinliche Nervosität da“, erklärt Hausmann. Aber das schweiße die Schausteller auch zusammen. Seine Kollegen wüssten, dass der Gesamteindruck eines Marktes stimmen müsse: „Wir müssen zusammenhalten.“
18 Festangestellte müssen die Hausmanns bezahlen, nur zu den Spitzenzeiten kommen noch einige Aushilfen hinzu. Und auch die Spritkosten schlagen zu Buche. Tausend Liter Diesel habe man zuletzt in einem Monat verbraucht, rechnet Dennis Hausmann vor – darunter auch für die 17 Transportfahrten zwischen Erbach und Bad Vilbel. Viele Schausteller scheuten daher weitere Anreisen, etwa aus Berlin.
In Bad Vilbel sei die Zusammenarbeit mit den beiden Marktmeistern Carsten Feik und Klaus Zeller sehr gut, lobt Dennis Hausmann. Sein Vater Eddy erinnert daran, dass die Stadt sogar den Einschulungstermin verschieben ließ, damit die Kinder zum Viehmarkt gehen können. „Das zeigt die Einstellung, dass man hinter dem Markt steht.“ Gerade der Viehmarkt sei ein besonderer Anziehungspunkt. Für weitere Attraktionen sorgen die Festwirte selber. So soll es erstmals einen kölschen Biergarten geben – mit Unterhaltungsmusikern aus Köln und einem in Köln verbreiteten Procedere zur Ermittlung desjenigen, der die nächste Runde spendieren muss.
Ketten-Hexentanz
Das Volksfest sei weiter eine der billigsten Veranstaltungen für Familien, wirbt Dennis Hausmann. Wo beim Besuch eines Freizeitparks 150 bis 200 Euro fällig würden, könne der Kirmes-Besucher auch nur zum Schauen kommen. Acht bis zwölf Euro gebe der durchschnittliche Festbesucher aus, sagt Thomas Roie, Chef des Schaustellerverbandes Rhein-Main-Frankfurt, dem knapp hundert Mitglieder angehören.
Auf dem nun schon 193. Vilbeler Markt baut er seinen „Hexentanz“ auf: ein Kettenkarussell, dessen Gondeln sich gegenläufig drehen und in 18 Metern Höhe Tempo 80 erreichen. Insgesamt, so hat er errechnet, werden für den Vilbeler Markt rund 500 Tonnen Material bewegt.
Roies Kollegen sorgen sich um steigende Standgebühren – nicht in Bad Vilbel – und neue technische Vorschriften. Da geht es um EU-Recht, wodurch die ohnehin strengen deutschen Vorschriften verschärft würden. Alle Geräte, die vor 2009 gebaut wurden, müssen nachgerüstet werden. Das sei kaum machbar. Derzeit liefen gerade die Bewerbungen für die Festplätze in 2015. Es werde „spannend zu sehen, ob ein Karussell dann vielleicht nur aufgebaut, aber nicht betrieben werden darf“, befürchtet Roie. Denn 95 Prozent der Anlagen seien älter – auch wenn immer wieder Teile erneuert werden müssten.
Dennoch ist der Schausteller-Vorsitzende in Bad Vilbel optimistisch. Der Markt verbinde Traditionskirmes und Verkaufsmarkt, habe im Viehmarkt noch eine besondere Attraktion. An den ersten vier Tagen erwartet er eine halbe Million Besucher, zum Nachmarkt (vom 23. bis 25 August) weitere 150000 Gäste. Mit insgesamt 80 Millionen Kirmes-Besuchern in Deutschland sei die Schausteller-Branche pro Jahr europaweit führend. Um attraktiv zu bleiben, nehme der Innovationsdruck zu. „Da wird wenig Geld rausgezogen“, so Roie, „die Gewinne werden meist rückinvestiert.“ Drei bis vier europäische Fachmessen stellten die neuesten Entwicklungen bei Fahrgeschäften vor. Die Schausteller gäben diese Modelle dann relativ früh an die Hersteller zurück, um neue zu kaufen. Die Modelle werden dann überarbeitet und ins Ausland weiterverkauft. Seite 9-11