Die Eritreerin Helen Beimnet (26) und ihr Freund Habtom Semere (25) flüchteten vor zwei Jahren aus ihrer afrikanischen Heimat. Über Italien kamen sie nach Karben. Damit sie schnell heimisch werden und wirtschaftlich auf eigenen Beinen stehen können, soll ein in Hessen einmaliges Projekt des Karbener Berufsbildungswerkes helfen.
Karben. Helen ist im Alter von 15 Jahren in den Sudan gegangen und hat dort zehn Jahre gelebt. Dort arbeitete sie in verschiedenen Haushalten, betreute Kinder und übernahm kleinere Arbeiten. In Deutschland haben sie und Habtom vor zwei Monaten das Bleiberecht erhalten.
Das Paar lebt in einer Flüchtlingsunterkunft in Karben und ist in der Kommune auf Wohnungssuche. Doch bezahlbaren Wohnraum zu finden, ist schwer. „Ich würde gerne in einer Kindertagesstätte arbeiten, als Friseurin oder Arzthelferin“, sagt Helen. Habtom ist technisch begabt. In der Fahrradwerkstatt des Jugendkulturzentrums Karben arbeitet er ehrenamtlich, repariert Velos.
Welche Ausbildung?
Habtom strebt in Deutschland eine Ausbildung als Automechaniker an. Er hat bereits einen Tag bei der Gesellschaft Uniflex-Hydraulik in Karben gearbeitet und auf diese Weise einen Blick in den deutschen Berufsalltag gewagt.
In der Phase der Berufsorientierung möchten sich beide darüber informieren, ob die von ihnen ins Auge gefassten Berufe in der Praxis überhaupt umsetzbar sind. Bei der Berufsfindung sieht Helen ein Hindernis in der Sprache. „Meine Muttersprache kann ich in Deutschland nicht nutzen und ich habe nur die Grundschule besucht“, teilt sie Übersetzerin Sellamawit Tewelde mit.
Beide nehmen deshalb am Informationstag im Berufsbildungswerk (BBW) mit weiteren 30 Interessenten, Paten und Übersetzern teil. Das BBW und die Flüchtlingshilfe Karben als Initiatorin der Projektidee beginnen am 1. Februar ein in Hessen in dieser Form einmaliges Projekt: Das Programm „Berufsorientierung und berufliche Qualifizierung für geflüchtete Menschen“ startet mit zehn Teilnehmern aus Karben und läuft über 18 Monate. Die Kosten für zehn Teilnehmer liegen bei 60 000 Euro, ehrenamtliche Helfer sind nicht mit eingerechnet.
Förderer sind Pro Region, die Stiftung des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport zur Förderung der beruflichen Bildung, das Evangelische Dekanat Wetterau, die Stadt Karben, der Deutsch-Ausländische Freundeskreis Karben, Unternehmen der Region und Privatpersonen. Zielgruppe sind geflüchtete Menschen im Alter zwischen 18 und 27 Jahren, die nicht mehr schulpflichtig sind und keine formelle Berufsausbildung haben.
Um geflüchteten Menschen einen selbstbestimmten Weg in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen, setzt das neue Projekt auf Qualifizierung zur Vorbereitung auf eine Ausbildung oder eine sozialversicherungspflichtige Arbeitsstelle. „Das Projekt kann auf 20 Personen erweitert werden“, erklärt der neue BBW-Geschäftsführer Torsten Denker.
In Betriebe gehen
Bernhard Witzlau, BBW-Bereichsleiter für den Übergang Schule-Beruf, würdigt den großen Rückhalt in der Zivilgesellschaft, den engen Kontakt mit der Flüchtlingshilfe. Kurz- und langfristige Praktika seien für Teilnehmer vorgesehen. „Im Sommer werden wir verstärkt in Betriebe gehen“, so Witzlau.
Flüchtlingshelferin Ulrike Loos spricht sich dafür aus, die Berufserfahrungen, die die Menschen in der Praxis mitbringen und die in Deutschland erwartet werden, mit Hilfe des BBW zu verzahnen. Geflüchtete Menschen hätten in der Einrichtung eine emotional gesicherte Zone, in der sie Tätigkeiten ausprobieren könnten.