Karben. „Wenn ich einen Anruf zu einem Nachbarschaftsstreit habe, dann frage ich die Leute immer: Wann haben Sie zum letzten Mal mit Ihrem Nachbarn gesprochen?“ Fritz Amann (73) aus Klein-Karben schaut in die Runde. „,Mit dem kann man doch gar nicht mehr reden‘, sagen die meisten, ,seit wir uns im letzten Jahr gestritten haben‘.“ Fünf Jahre lang hat Amann in Karben als Schiedsmann die kleinen Streits am Gartenzaun geschlichtet. Ihm zur Seite: Stellvertreter Stefan Mayerhofer aus Petterweil. Die beiden machen nun Platz für die Neuen: Dieter Lenz (60) aus Petterweil ist seit wenigen Wochen der neue Schiedsmann, Norbert Greulich (59) aus Klein-Karben sein Vize.
In einer Feierstunde im Rathaus dankte Bürgermeister Roland Schulz (SPD) den ausgeschiedenen Schiedsmännern für ihre „leider bitter notwendige“ Arbeit. „Sie haben eine wichtige soziale Funktion“, gibt Schulz auch den Neuen mit auf den Weg. Mehrfach sagt Schulz, dass er Amann und Mayerhofer ungern scheiden sieht: „Sie waren eine Idealbesetzung.“
Nach fünf Jahren Amtszeit allerdings wählte das Stadtparlament Lenz und Greulich zu den Nachfolgern – einstimmig, wie Schulz unter Hinweis auf die oft streitbaren Parlamentarier betont. Für den neuen Schiedsmann Dieter Lenz ist das also ein guter Start. Der frühere Direktor einer Großbank in Frankfurt sieht die ehrenamtliche Tätigkeit als „sinnvolle Beschäftigung“, um sich für seine Heimatstadt zu engagieren.
Amann hat binnen fünf Jahren einige Erfahrung gesammelt. 80-mal wurden in dieser Zeit in Karben Anträge auf Schlichtungsverfahren gestellt, 56-mal kam es auch zu dem förmlichen Verfahren. 30 Schlichtungen liefen erfolgreich, 26 nicht. „Meistens geht es um Wurzeln, um überhängende Äste oder sich stark verbreitendes Chinagras“, berichtet Amann. Auch bei Auseinandersetzungen in Familien werden die Ehrenamtler bemüht oder in Erbfällen. „Da ist oft alle Kunst von Schiedsleuten nicht mehr möglich“, seufzt Amann. Nicht in der Statistik: Weitere 80 bis 100 Streits, die allein durch erste Ratschläge von Amann und Mayerhofer gelöst wurden. „Tür-und-Angel-Fälle“ nennen das die Fachleute. (den)