Nidderau. Wenn ein zu teures Gesundheitssystem eine Rundumversorgung für Kranke und alte Menschen unerschwinglich macht, wirken die Mitglieder des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) häufig als rettende Engel.
Der Arbeiter-Samariter-Bund Karben hat bereits vor zehn Jahren einen ehrenamtlichen Besucherdienst ins Leben gerufen. Fünf Jahre später weitete der ASB dieses Engagement nach Nidderau aus.
„Der Besucherdienst soll weder Pflege noch Therapie ersetzen“, versichert Ursula Wiesner, die Beauftragte für Gerontopsychiatrie beim ASB Karben und zudem noch Organisatorin des Besuchsdienstes. „Vielmehr brauchen viele ältere Menschen oft nur jemanden, mit dem sie reden, spielen und sich einfach mal austauschen können.“ Leistungen eben, die früher in der Großfamilie selbstverständlich waren, heute jedoch bei immer mehr Single-Haushalten für den alleinlebenden älteren Menschen einfach unbezahlbar geworden sind.
Ursula Wiesner koordiniert derzeit zwölf freiwillige Helfer – acht in Karben und vier in Nidderau –, die ebenso viele Senioren regelmäßig besuchen.
Zwei bis drei Stunden in der Woche gehen sie zu den hilfsbedürftigen Menschen, die dadurch Gelegenheit haben, etwas vom Leben außerhalb ihrer eigenen vier Wände mitzubekommen. „Wir stoßen ihnen einfach ein Fenster nach draußen auf. Das ist mindestens so viel Wert, wie medizinische Hilfe“, erzählt der Karbener Helfer Dev Rao.
Vielen Senioren sei dabei gar nicht einmal bewusst, wie viel sie zu erzählen und welchen Bedarf sie nach Gesellschaft haben. „Wenn meine ältere Dame gerade einmal keinen guten Tag hat und mich wegen ihrer Demenz-Erkrankung nicht sofort erkennt, dann halte ich ihr nur meinen Hund hin“, erzählt Edda Gräber von ihren Einsätzen. Mit den Worten „Ach da ist ja meine kleine Mücke wieder“ – so heißt der kleine Terrier von Edda Gräber – lässt sie dann beide in ihre Wohnung und ist ganz traurig, wenn es nach drei Stunden heißt, wieder Abschied zu nehmen.
Für viele der Senioren haben sich die wöchentlichen Besuche der ehrenamtlichen Helfer zum Höhepunkt ihres einsamen Alltags entwickelt. Dafür ziehen sie dann ihre besten Kleider an oder decken den Tisch mit dem Sonntagsgeschirr. Für die freiwilligen Helfer ist der uneigennützige Liebesdienst nicht immer ganz einfach. „Mit der Zeit gewöhnt man sich so aneinander, dass, wenn der ältere Mensch stirbt, es einen ziemlich mitnimmt“, gesteht Ursula Oppermann ein.
Der ASB suche händeringend nach weiteren freiwilligen Helfern, sagt Ursula Wiesner. (jwn)