Bad Vilbel. „Das Telefonieren ist beim Handy für viele Jugendliche zur unwichtigsten Funktion geworden.“ Klaus Kronz, Leiter des Kommissariates Jugendkriminalität bei der Kriminalpolizei Friedberg, spricht vor 50 Eltern, Lehrern und einigen Schülern in der John-F.-Kennedy-Schule. Sie kamen um zu erfahren, was es mit „Happy Slapping“ (lustiges Schlagen) und „Snuff Videos“ (Filmchen, in denen einer dem anderen „die Kerze ausdrückt“) auf sich hat. Auch wenn er sie verwendet, mag Kronz die „verniedlichenden“ Bezeichnungen nicht. Denn es gehe um handfeste Straftatbestände von der Beleidigung, der Verbreitung Gewalt verherrlichender Darstellungen bis zu Sachbeschädigung und Körperverletzung.
Aus Erzählungen kennen Eltern und Lehrer „Happy Slapping“: Auf dem Schulweg wird ein Opfer ausgeguckt, geschlagen, gedemütigt oder ihm wird die Hose herunter gezogen. Andere stehen drum herum, johlen und schauen zu. Einer filmt mit seinem Handy und verschickt die Szene. Binnen Sekunden kann sie die Runde an der Schule machen und das Opfer als Lachnummer oder Schlimmeres erneut demütigen. „Das Opfer leidet ein Leben lang darunter“, sagt Kronz. „Und ohne professionelle Hilfe ist an ein Verarbeiten der Situation kaum zu denken. “
Nicht nur solche „Eigenproduktionen“ finden sich auf Schüler-Handys. Beliebt sind auch „Snuff Videos“, von Pornos bis zu extremer Gewalt. Beispiele vorzuführen unterlässt Kronz. Aber er zeigt Bilder von Enthauptungen und wie einer Schwangeren in den Bauch geschossen wird. „Wir hoffen, dass diese Szenen nur gestellt sind“, sagt er.
Das größte Interesse bestehe im Alter der siebten bis neunten Jahrgangsstufe. In der Oberstufe verschwänden diese Erscheinungen. Die Antwort der anwesenden Schüler auf die Frage einer Mutter, wie viele ihrer Kinder solche Bilder kennen, schockierte: „Jeder, der ein Handy hat.“
Was tun? Die Kennedy-Schule hat den Handy-Gebrauch während des Unterrichts verboten. Bei Verstoß oder Verdacht, dass illegale Filme gespeichert sind, werden sie eingezogen. Kronz riet, die Polizei in jedem Fall einzuschalten, um ein Unrechtsbewusstsein zu vermitteln. Wenn Ersttäter zu Sozialstunden verdonnert werden, habe dies meist eine „Signalwirkung“.
„Die Entscheidung fällt im Elternhaus“, unterstrich Kronz. „Dort muss die Erziehung stattfinden. Die Schule kann sie nur unterstützen.“ Er empfahl, das Internetverhalten des Kindes im Auge zu behalten und bereit zu sein, „das Quengeln auszuhalten, wenn ein Handy gekauft wird, das in erster Linie dem Telefonieren dient“ und keine andere Funktionen hat.