Bad Vilbel/Karben. Es klingt sehr kompliziert, ist aber ganz einfach. Die Nachbarschaftsinitiative »die Haanegässer«, zu Deutsch: die Anwohner der Hanauer Straße in Bad Vilbel, wurde in den 1980er Jahren in der Apfelweinkneipe des Konrad Stang, ebenfalls in der Hanauer Straße, ganz spontan gegründet. Es gab zu der Zeit eine Familie mit einem krebskranken Kind in der Straße, die das Mitleid der Nachbarn ausgelöst hatte. Um Geld zu sammeln, veranstaltete die Initiative jahrelang Straßenfeste. Die waren, vielleicht nach den Straßenfesten des Gewerberings, die wohl meistbesuchten Straßenfeste der Innenstadt.
Von Beginn an waren die Erlöse für den Frankfurter Verein für krebskranke Kinder bestimmt. Diese Tradition setzt die Gemeinschaft der Anwohner der Hanauer Straße bis heute fort. Allerdings hat sich mittlerweile das Erscheinungsbild geändert. Irgendwann wurde aus dem Straßenfest ein Stand auf dem Adventsmarkt direkt am Fuße des Alten Rathauses.
Als auch das wegen der aufkommenden Corona-Pandemie und den vielen Auflagen nicht mehr möglich war, bot die Karbener Baumschule der Initiative die Möglichkeit, an vier Samstagen in der Vorweihnachtszeit einen Verkaufsstand in ihren Verkaufsräumen zu eröffnen. »In diesem Jahr konnten wir leider nur an zwei Samstagen von dem Angebot Gebrauch machen. Der Grund: Unser Kreis wird leider immer kleiner«, berichtet sichtlich enttäuscht Tanja Lambert.
Die Zahl der aktiven Unterstützer der Initiative »Haanegässer« sei mittlerweile auf allerhöchstens fünf bis sechs Personen geschrumpft. »Das ist auch ein gesellschaftliches Problem. Die meisten denken nur noch an sich und sehen nicht das Leid und die Not im unmittelbaren Umfeld«, ergänzt Brigitte Heußner. Die beiden stehen an diesem Samstag im Verkaufsraum der Karbener Baumschule und bieten ihre selbst angefertigten Plätzchen, Marmeladen und Strickwaren an. Obwohl es kurz vor Feierabend ist und ihr Verkaufstisch auch am letzten Tag noch gut gefüllt ist, sind beide frohen Mutes. »Nein, nein, wir haben nicht zu viel angefertigt. Und das wird auch nicht weggeschmissen, mittlerweile haben sich unsere Angebote herumgesprochen. Entweder kommen die Leute aus Bad Vilbel hier nach Karben und kaufen unsere Sachen hier oder sie kommen gleich zu uns in die Hanauer Straße und kaufen unsere Angebote praktisch an der Haustür. In der Straße kennt uns jeder. Da kann man praktisch jeden nach der Initiative Haanegässer fragen«, berichtet Lampert stolz. Und das dies keine leeren Worte sind, zeigt der Erlös der Aktion im letzten Jahr. »4500 Euro konnten wir so dem Verein Hilfe für krebskranke Kinder übergeben«, verraten beide zufrieden.
Und es gibt noch etwas, auf das sie stolz sind: Die Mitglieder der Initiative haben alle Backzutaten und die Wolle für die Strickwaren aus der eigenen Tasche bezahlt. »Bei uns kommt wirklich jeder Cent der guten Sache zugute«, versichert Heußner. (jwn)