Unfall in Karben, eine dunkle Rauchsäule über der Stadt: Mit einer großen Übung hat die Feuerwehr Karben den Ernstfall geprobt. Gestellt war ein schwerer Verkehrsunfall auf der Nordumgehung: Schwerverletzte in einem Bus und mehreren Autos, ein Fahrzeug brennt.
Karben. Eine bedrohliche schwarze Rauchsäule steigt an Karbens künftiger Nordumgehung auf. Überall durch die Stadt dröhnen die Martinshörner von Feuerwehr und Rettungswagen. Das Szenario wirkt realistisch, für viele Karbener erschreckend realistisch. Genau das hat Karbens neuer Stadtbrandinspektor Christian Becker gewollt.
Eine Übung ist es „nur“, doch das Szenario wirkt an diesem Samstagnachmittag so echt, dass ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer gleich den Notruf wählt. Was er sieht: Ein Auto scheint die Böschung der (noch nicht eröffneten) Nordumgehung herabgestürzt zu sein, liegt nun kopfüber auf dem Feld. „Die zentrale Rettungsleitstelle wusste Bescheid, wir hatten selbstverständlich schon vor Wochen die Übung angemeldet“, erklärt Christian Becker.
Generalstabsmäßig haben er und sein Stellvertreter Christoph Häusler alles geplant. Pünktlich um 13 Uhr steht ein ausgeliehener Gelenkbus auf der Nordumgehung in Höhe der künftigen Abfahrt Okarben. Jetzt rollt ein Autotransporter heran, auf der Ladefläche einen alten leicht zerbeulten Wagen.
Dann krempeln Becker und mehrere Feuerwehrleute die Ärmel hoch, schieben das alte Auto so dicht wie möglich an den Gelenkbus heran. Es sind keine Karbener Feuerwehrleute, die beim Aufbau mit anpacken. Sonst wäre ja die Überraschung futsch. Sondern Dortelweiler Kollegen. „Toll, dass wir diese Unterstützung haben“, sagt Becker.
Der Vilbeler „Bumms“
Dass die Geheimhaltung klappt, freut Becker sehr. „Das Szenario ist folgendermaßen“, erklärt Christian Becker, „der Linienbus will abbiegen und knallt frontal mit einem Kleinwagen zusammen. Der Wagen hinter ihm kann nicht bremsen, fährt auf. Ein weiteres Auto weicht aus, durchbricht die Leitplanke und stürzt die Böschung hinab.“
Damit das Szenario echt wirkt, soll ein Auto in Flammen aufgehen. Da ist der pyrotechnisch versierte Bad Vilbeler Kernstadt-Wehrführer Mario Migdalski gefragt. Im Rüstwagen haben er und seine Kollegen alles dabei, um das angelieferte Schrottauto zu präparieren. Christoph Fritsch und Frank Schulz schleppen alte Autoreifen herbei. Diese qualmen stark. Migdalski füllt konzentriert Brandpaste in das dafür vorgesehene Gefäß. Es ist für den zusätzlichen „Bumms“ gedacht. Derweil hat ein Radlader ein weiteres Schrottauto in den Graben gekippt. Kopfüber.
Die „Mimen“ sind die freiwilligen Helfer, die die verunglückten Menschen im Bus und den Autos darstellen sollen. „Passt auf, dass ihr euch nicht zu sehr hineinsteigert“, warnt Truppführerin Sina Dietz vom Roten Kreuz. „Wenn ihr merkt, dass es euch nicht gut geht, sagt sofort Bescheid.“ Sie verteilt noch „Blut“-Spritzer auf die blass geschminkten „Unfallopfer“. „Spielt es realistisch und haltet euch an eure Pläne, aber übertreibt nicht“, wird allen aufgegeben.
Feuerwehrleute und die Sanitäter des Roten Kreuzes stehen vor der Herausforderung, 20 Verletzte aus verschiedenen Fahrzeugen zu bergen und an einem Sanitätsplatz zu versorgen. „Es geht bei dieser Großübung auch darum, die Zusammenarbeit zwischen Feuerwehr und Rettungsdienst zu testen“ , erklärt Becker. Ein paar Minuten vor Zeitpunkt X taucht Bürgermeister Guido Rahn (CDU) auf. „Auf der Nordumgehung werden täglich 10 000 Fahrzeuge unterwegs sein“, sagt Rahn. „So eine Übung ist wichtig, damit im Ernstfall das Zusammenspiel aller Kräfte klappt.“ Kurz vor drei Uhr braust Stadtbrandinspektor Becker nach Klein-Karben, um dort den Alarmknopf für die Sirene in Gang zu setzen. Gleichzeitig gehen bei allen Feuerwehrleuten in der Stadt die Piepser los. Adrenalin schießt in ihr Blut.
Die Anspannung steigt weiter, als die Einsatzkräfte schon auf der Anfahrt die Rauchsäule sehen. Eine Explosion ist zu hören. Als erstes ist Becker wieder vor Ort, jetzt in Schutzkleidung und als Einsatzleiter gefordert. Über Funk hat er seine Leute informiert, dass es sich um eine Großübung handelt. Jetzt blickt er wie alle anderen Beobachter auf die Uhr. Wann werden die ersten Feuerwehrwagen vor Ort sein? Dann geht es Schlag auf Schlag. Eine Wehr nach der anderen erreicht den Unfallort, dazu Krankenwagen. Die Rettungsaktion kommt auf Touren.