Karben. Bevor die Abschlussfeier der Auszubildenden des Berufsbildungswerks (BBW) Südhessen beginnt, proben die beiden Absolventen Michael Powell (19) und Giovanna di Ambrogio (21) noch einmal ihre Rede, damit beim großen Festakt alles klappt. „Ich bin schon etwas nervös“, gibt Giovanna zu. Denn neben Vertretern der regionalen Politikwelt wird Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) erwartet. Für das Jubiläumsjahr „25 Jahre BBW“ hat er die Schirmherrschaft übernommen. „Es ist toll, den Minister mal in echt zu sehen“, freut sich Giovanna.
Wo sonst junge behinderte Menschen einen von 30 Berufen erlernen, wuseln überall Helfer herum: Die Floristik stellt die selbst gebundenen Sträuße und Blumen bereit, die Küchencrew legt frische Schürzen an und bereitet im Garten alles für das Mittagessen vor, und in der großen Turnhalle trudeln die ehemaligen Auszubildenden ein, die zwischen zwei und dreieinhalb Jahre im BBW gelernt haben. 113 von 125 Prüflingen haben ihren Abschluss geschafft. 37 von ihnen haben bereits Arbeitsverträge, viele andere seien in festen Verhandlungsgesprächen, sagt Sabine Emmert. Sie bereitet die Bewerber auf den Berufsstart vor.
„Ich habe erst heute morgen erfahren, dass ich bestanden habe“, erzählt Reneé Seyfarth (26). Die Praxis-Note habe ihm noch gefehlt. „Zuhause herumsitzen ist nichts für mich“, sagt der BBW-Absolvent. Der Holzbearbeiter fängt eine Stelle in einer Schreinerei in Okarben an. Die eineinhalb Stunden von seinem Wohnort Gießen zu seiner Arbeitsstelle seien kein Problem.
Doch nicht jeder hat so viel Glück: Sabine Kanneberg bekommt ihr Diplom als Helferin in der Hauswirtschaft, einen Job hat sie aber auch nach 40 Bewerbungen noch nicht. Auch für Giovanna di Ambrogio hat es noch nicht ganz geklappt: „Ich habe für vier Monate einen Aushilfsjob als Verkäuferin in einem Dekorationsladen“, sagt sie. Die Raumausstatterin hätte lieber eine Vollzeitarbeit bekommen, freut sich aber trotzdem. Endlich geht es los: Nachdem die Geschäftsführerin des BBW, Reneé Eve Seehof, Bundesminister Scholz, den Staatssekretär des hessischen Sozialministeriums Gerd Krämer, Bernhard Mundschenk von der Handwerkskammer Wiesbaden, Elke Ehlen von der IHK Gießen-Friedberg und die Politiker begrüßt hat, beginnt die Verabschiedung. „Sie haben etwas Großartiges vollbracht, für ihr Leben und unsere Gesellschaft“, lobt Scholz die Absolventen. „Geben Sie nicht so schnell auf. Auch wenn es nicht gleich mit dem Traumberuf klappt“, rät er und übergibt den Absolventen ihre Zeugnisse. Da sind sie auf einmal alle sehr aufgeregt, zittern. Dem ein oder anderen rutscht sogar eine Träne die Wange entlang. (jeh)
Die Absolventen, die noch einen Arbeitsplatz suchen, sind zu finden unter www.bbw-jobboerse.de