Karben. „Nicht schon wieder!“ Mit den Kindern steht Ruth Göbel in ihrer Mietwohnung im ersten Stock des Hauses im Tannenweg. Über das Mäuerchen hinter dem Grundstück und durch den Garten wälzt sich eine Schlammlawine vom benachbarten Feld. Diese überflutete am Mittwochnachmittag vergangener Woche während eines starken Gewitterregens die Keller von vier Häusern im Tannenweg in Klein-Karben. Besonders bitter: Die Keller von zwei der Häuser waren erst bei dem Unwetter vom Freitag zuvor überflutet worden.
Vier Häuser trifft es an diesem Nachmittag nach 15 Uhr besonders hart. Dort drückt die Schlammflut Fenster und Türen ein, wälzt sich in Keller und Garagen. Außerdem die Straßen hinunter bis in den Lindenweg. Es ist Schlamm von den Feldern oberhalb der Siedlung. Bauern bauen dort Mais und Rüben an. Dadurch habe der Boden derzeit weniger Halt, als wenn Getreide oder Gras wüchse. Noch schlimmer macht es die Tatsache, dass das Feld direkt hinter den letzten Häusern nicht vertikal den Hang entlang, sondern von oben herab nach unten gefurcht ist. „Binnen ein, zwei Minuten bildet sich da eine einheitliche Wasserfläche“, erzählt Ruth Göbel. „Und dann schießt alles den Hang hinunter direkt auf uns zu.“ „Dann haben wir nur noch geschippt wie Bekloppte, damit nicht so viel in den Keller läuft.“
Die Nachbarn von ihr haben weniger Glück. Die Keller des Doppelhausbungalows 41/43 sind binnen Minuten 30 Zentimeter hoch vollgelaufen mit der braunen Brühe. Als die Feuerwehr Minuten später eintrifft, sind die Hausbesitzer längst dabei, ihre durchnässten Utensilien herauszutragen. Hefte, Kleidung, Möbel – alles schlammdurchtränkt. Nachbarn fassen spontan mit an.
Das nachmittägliche Gewitter war ein äußert lokal begrenztes Unwetter, berichtet Karbens Stadtbrandinspektor Thomas Bier. Binnen weniger Minuten gehen 60 Notrufe bei der zentralen Rettungsleitstelle in Friedberg ein – alle aus Karben. Dort muss die Feuerwehr auch im nahen Selzerbachweg sowie im benachbarten Rendel dabei helfen, einige Keller auszupumpen und von Schlamm zu befreien. Die gesamte Karbener Feuerwehr war dafür im Einsatz. „Damit wir möglichst schnell arbeiten können“, erklärt Feuerwehrchef Bier. Auch zehn Pumpen aus Bad Vilbel forderte er an. Wie hoch der Schaden ist, kann er noch nicht sagen – und hält sich auch bei der Ursachenforschung zurück. „Das sind einfach ungeheure Wassermassen gewesen“, sagt Bier.
Selbst noch einen Straßenzug tiefer in Klein-Karben hat der Schlamm die Straßen überflutet. Anwohner Donato Marrone saß eine halbe Stunde zuvor noch auf der Arbeit in Frankfurt. „Als ich es Schwarz heraufziehen sah, bin ich sofort heimgekommen.“ Dort sieht er das Unglück nahen: „Das war eine einzige, braune Lawine.“ Dass die Schlammflut jederzeit wiederkommen kann, davor haben nun die Anwohner Angst. „Ich werde jedesmal unruhig, wenn es anfängt zu regnen“, sagt Ruth Göbel. „Die Stadt oder der Landwirt müssen jetzt ganz schnell was tun.“ (den)