Manchmal sehen wir sie noch, Schäfer, die mit ihren Schafen auf einer Weide stehen. Oft tragen sie einen Hut, sind gestützt auf einen Stab, begleitet von einem Hund. Ein paar Tage später sehen wir sie nicht mehr. Sie haben eine neue Weide gefunden. Bei einem solchen Anblick haben wir oft ein Gefühl der Nostalgie. Ja, so war das früher einmal. Aber wer ist heute schon Schäfer? Und wie kommen Herden heute im Gewirr von Siedlungen, Straßen und Eisenbahnen zur nächsten Weide? Wird es irgendwann überhaupt keine Schäfer mit ihren Herden mehr geben?
Im Gegensatz dazu erfreut sich der Psalm 23 einer großen Beliebtheit bei den Menschen. Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Gott wird hier mit einem Schäfer, einem Hirten verglichen und wir Menschen mit Schafen, die Nahrung und Schutz brauchen. Dieses Bild von Gott spricht viele Menschen an.
Und doch stellt sich die Frage, ob wir überhaupt einen Hirten möchten. Denn ein Hirte versorgt ja nicht nur mit allem, was für das Leben notwendig ist. Er gibt auch die Richtung an, in der die Herde gehen soll. Und wenn die Schafe nicht hören, dann wird ihnen der Schäferhund schon auf die Sprünge helfen. Und das passt doch gar nicht zu uns modernen Menschen von heute. Wir wollen gerne so viel wie möglich über unser Leben selbst bestimmen. Reglementiert wurden wir früher lange genug von Eltern, Lehrern, Kirche.
Sind wir wirklich so frei? Wie oft laufen wir wie in einer großen Herde bestimmten Trends hinterher! Wir scheinen Angst davor zu haben, durch einen abweichenden Lebensstil aufzufallen. Wo die meisten sind, wird es ja wohl der richtige Weg sein.
Der Wochenspruch aus der Bibel sagt: Jesus Christus spricht: Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben (Johannes 10, Verse 11, 27 und 28).
Jesus bietet sich uns als der gute Hirte an. Er brachte Gott uns Menschen nahe wie kaum ein anderer. Er zeigte seine Liebe gerade auch den Menschen, die sich von den anderen verachtet oder unbeachtet fühlten. Möchten wir nicht auch einen Hirten, der gerade das tut? Er brachte den kranken Menschen Heilung. Haben wir in uns nicht auch Seiten, die der Heilung bedürfen? Er ging den Weg ins Leiden, stand für seine Überzeugung ein bis zum letzten.
Manchmal sehen wir sie noch, die Schäfer mit ihren Herden. Vielleicht nehmen wir uns dann einmal ein wenig Zeit und fragen uns, wie das wohl bei uns ist. Wem laufen wir hinterher? Warum kehren wir nicht um und hören auf den guten Hirten Jesus Christus?
Michael Solle
Ev. Christuskirche Bad Vilbel