Bad Vilbel/Frankfurt. Die Finanzierung des S6-Ausbaus von Frankfurt-West bis Bad Vilbel ist gesichert. Das betont das Bundesverkehrsministerium und versucht so, Zweifel an der Finanzierung zu zerstreuen. Zuvor hatte das Haus von Minister Volker Wissing (FDP) bei einem ähnlichen Projekt die Finanzierung selbst in Zweifel gezogen.
So überprüfte das Ministerium, ob ein Beitrag des Bundes in Höhe von 73 Millionen Euro für den 150 Millionen Euro teuren Bau der Weddeler Schleife zwischen Braunschweig und Wolfsburg gerechtfertigt sei. Diese 20 Kilometer lange Zufahrt zur Schnellfahrstrecke Hannover-Berlin wird derzeit von einem auf zwei Gleise ausgebaut, damit mehr Nah-, Fern- und Güterzüge rollen können. Auch die stündlichen ICEs zwischen Frankfurt und Berlin über Braunschweig fahren über diese Strecke. Der Ausbau soll Ende des Jahres fertig sein.
Ministerium
schweigt wochenlang
Wenn dieser Ausbau monatelang in der Schwebe hing, obwohl die Bauarbeiten bereits liefen, müsse dann beim ebenfalls schon laufenden S6-Ausbau in Frankfurt ebenfalls mit einem Stopp der Finanzierung seitens des Bundes gerechnet werden? Das hatte der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Römer, Frank Nagel, beim Magistrat nachgefragt. Der hatte geantwortet, dass weder ihm noch der bauausführenden DB Netz etwas dazu bekannt sei. Das Bundesverkehrsministerium hatte anschließend auf eine Anfrage dieser Redaktion nicht reagiert – wochenlang.
Nach einem Monat erst meldet sich nun eine Sprecherin Wissings, die namentlich nicht genannt werden möchte. Die Finanzierung des Ausbaus der Weddeler Schleife sei »geklärt«, wie das Ministerium schon im Dezember »kommuniziert« habe. Erst in der Kombination des Nutzens für Fern-, Nah- und Güterverkehr habe der dortige Ausbau einen »hinreichenden gesamtwirtschaftlichen Vorteil«. Da der Nahverkehr in der Zuständigkeit der Länder liege, würden solche kombinierten Nutzen »durch die gegenwärtigen Finanzierungsregime und ihre Bewertungsverfahren nicht vollumfänglich abgebildet«. Deshalb sei es darum gegangen, »zunächst formale Fragen der Rechtsgrundlage und Dokumentation des Bundesinteresses zu klären«.
Beim viergleisigen Ausbau der S6 im Rhein-Main-Gebiet gehe es hingegen um ein reines Nahverkehrsprojekt, erklärt die Sprecherin. Das könne nur anteilig durch das Geld aus dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) vom Bund bezuschusst werden. »Die Finanzierungsfragen der Weddeler Schleife stellen sich deshalb bei der S6 nicht«, stellt Wissings Sprecherin klar.
Tatsächlich dient der Ausbau der S6-Strecke um zwei eigene Gleise für die S-Bahn in erster Linie der S-Bahn. Die Züge dieser Linie sollen in Zukunft vor allem zuverlässiger und schneller fahren, wenn sie sich die Gleise nicht mehr mit den übrigen Zügen teilen müssen. So entfallen etwa teils mehrminütige, in den Fahrplänen schon hinterlegte Zwangsaufenthalte in Bad Vilbel, Frankfurter Berg und am Westbahnhof, während denen die S6 bisher andere Züge vorbeifahren lassen muss.
Abschnitt soll Ende 2023 in Betrieb gehen
Die zusätzliche Kapazität auf den Fernbahngleisen will der Rhein-Main-Verkehrsverbund außerdem für mehr Regionalzugfahrten zwischen Frankfurt und Mittelhessen nutzen. Auf der Strecke fahren täglich 300 Züge mit 60 000 Fahrgästen.
Für den aktuell im Bau befindlichen, 13 Kilometer langen ersten Abschnitt vom Westbahnhof bis Bad Vilbel erfolge die GVFG-Bezuschussung bereits, erinnert die Ministeriumssprecherin. Dieser Abschnitt soll Ende des Jahres in Betrieb gehen, die Station Ginnheim etwas später.
Zweiter Streckenteil noch nicht gesichert
Die zweite Baustufe über weitere 17 Kilometer bis Friedberg befindet sich noch im Genehmigungsverfahren. Erst wenn diese genehmigt sei, könne die DB Netz AG den Zuschuss beantragen, sagt die Sprecherin. Dieser sei aber auch hier »grundsätzlich möglich«.
Bis 2028 soll die Strecke bis Friedberg ausgebaut sein. Allein für den ersten Bauabschnitt liegen die Kosten bei aktuell geschätzten 570 Millionen Euro. Zuletzt hatte die Bahn die Prognose um rund 75 Prozent angehoben aufgrund der allgemein explodierten Baupreise sowie Verzögerung durch Aktionen und Klagen von Gegnern. Die Kosten trägt zu einem Drittel das Land, den Großteil des Rests allerdings der Bund.
Von Dennis Pfeiffer-Goldman