Bad Vilbel. Mehr als 200 Trauergäste gaben dem am 28. Mai erwürgt an der Nidda aufgefundenen Baby letztes Geleit. Viele Spender sorgten dafür, dass das Magdalene genannte Mädchen keine anonyme Urnenbeisetzung, sondern eine würdige Erdbestattung erhielt.
„Das Ende von Magdalene lag in Menschenhand – und das ist schlimm!“ Mit diesen Worten begann Pfarrerin Ulrike Mey ihre Trauerrede vor mehr als 200 Besuchern in der überfüllten Trauerhalle des Friedhofs in der Lohstraße. Sie hätte es sich gewünscht, dass das kleine Mädchen vieles in seinem Leben hätte entdecken und erobern können, „liebevoll begleitet von Erwachsenen – so sollte es sein“.
Doch es kam anders. „Nichts stimmt hier – so ein kleiner Sarg, ein Leben das nicht gelebt werden konnte“, sprach Mey. Und unter anderen Umständen hätte es für das tote Baby auch nicht diese Anteilnahme gegeben. Im ungünstigsten Fall hätte die Babyleiche in der Gerichtsmedizin verbleiben können und wäre „entsorgt“ worden, sagte Susanne Förster, Leiterin des Friedhofsamtes.
Doch in Bad Vilbel wurde ein Ort für die Anteilnahme geschaffen. Bei schwülwarmem Wetter nahmen gestern mehr als 200 Menschen Abschied in einem stillen Zug zum Sarg, wo gelbe Blüten als letzte Geste, aber auch mitgebrachte Sträuße ins Grab geworfen wurden. In sehr vielen Gesichtern standen Tränen, es waren stille Momente der Bestürzung und Trauer.
Der Dortelweiler Bestatter Rudolf Jeckel startete die Initiative, um dem Baby eine angemessene Beisetzung zu ermöglichen. Er stiftete den Kindersarg, seine Tochter recherchierte im Internet nach Namenstagen, fand für den 25. Mai den Namen „Magdalene“. Diesen Namen haben die Friedhofsverwaltung und Jeckel dem Mädchen gegeben. Sogar eine Geburtsurkunde wurde inzwischen ausgestellt, um eine anonyme Beisetzung zu verhindern.
Auch das Sargbukett, ein Kranz und ein Grabstein wurden gespendet. Die Trauergesellschaft wurde anschließend von der Gaststätte „Niddafeld“ in der Nähe des Fundortes eingeladen. Dies und die vielen Friedhofsbesucher, darunter Mütter mit kleinen Kindern, Schüler und viele Lokalpolitiker, sind für Jeckel „eine Bürgerinitiative, die sehr hoch zu bewerten ist“.
„Viele Fragen werden offen bleiben“, sagte Mey in ihrer Predigt, „doch wir können Anteil nehmen.“ Dafür werde mit dem Grab ein Ort geschaffen. „Ist der Mensch böse, ein Produkt der Umstände oder selbst ein verletztes Opfer“, fragte Mey und betonte: Was bleibe, sei Traurigkeit – „dadurch spüren wir, dass Gott dies nicht will.“
Ihre letzte Ruhe findet Magdalene auf dem Kindergrabfeld am Rande des Friedhofs. Dort gibt es knapp 25 Grabstätten. „Die Kindersterblichkeit ist seit den Fünfzigern stark zurückgegangen“, ergänzte Förster.
„Ein toter Säugling rüttelt uns alle wach“, sagte der Stadtverordnete Günther Bodirsky (CDU) in Vertretung des Magistrats. „In unserer Stadt, in der viele ein komfortables und angenehmes Leben führen, wird ein kleines Mädchen, gerade geboren, tot aufgefunden.“
Im brunnenstädtischen Sozialamt stünden die Türen für Frauen in Not weit offen. Doch bleibe es schwierig, „mit den entsprechenden Personen in Kontakt zu treten.“ Auch könnten Babys anonym abgegeben werden, „was manchem Kind schon das Leben gerettet hat“, betonte Bodirsky.
Doch Kinder zu bekommen stelle weiter ein Verarmungsrisiko dar. Deshalb bleibe es eine „permanente, wichtige Aufgabe für die Kommunen, das soziale Auffangnetz enger zu knüpfen“, mahnte er.