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Rettung vor dem Mähtod

Dieses kleine Rehkitz konnte die Gruppe von ehrenamtlichen Helfern aus Bad Vilbel an Pfingstmontag vor der Mähmaschine retten Foto: Privat
Dieses kleine Rehkitz konnte die Gruppe von ehrenamtlichen Helfern aus Bad Vilbel an Pfingstmontag vor der Mähmaschine retten Foto: Privat

Drohnen mit Wärmebildkamera helfen Tierschützern bei der Suche nach versteckten Rehkitzen

Bad Vilbel. Rehkitze werden immer wieder Opfer von Mähmaschinen. Ein bekanntes und immer wiederkehrendes Problem, das sowohl für die Landwirte als auch für die Rehe schlimme Folgen hat. Damit möglichst wenig Rehkitze unter die Maschine geraten, gehen ehrenamtliche Retter aus Bad Vilbel frühmorgens auf Rettungsmission – und ihr Terminplan füllt sich immer weiter.

Ramona Köhler zieht mit ihrem Team schon frühmorgens los, um die Wiesen nach den jungen Rehen abzusuchen.

Es ist erst kurz vor fünf Uhr morgens als sich mehr und mehr Menschen am Wendehammer in der Huizener Straße einfinden. An diesem Treffpunkt haben sich die Rehkitz-Retter versammelt und planen nun das gemeinsame Vorgehen. Dieses besteht darin, vorerst die zwei großen Felder aufzusuchen, in denen sich möglicherweise Rehkitze verstecken und noch nichts vom drohenden Unheil, die Mahd der Wiesen, ahnen.
Angekommen schlägt sich die Gruppe sofort ihren Weg am Rand der Wiese entlang bis möglichst nah an die B 3, die das Suchgebiet im Norden begrenzt. Zwei Helfer sind schon da. Ihr Dienst hat früher begonnen, denn sie leisten wichtige Aufklärungsarbeit: »Ich überfliege große Teile des Feldes mit einer Drohne und halte nach Wärmesignaturen Ausschau«, sagt Jürgen Braun. Er ist als Drohnenpilot zu den Tierrettern gestoßen und behält den kleinen Bildschirm, der an seine Fernbedienung gekoppelt ist, gut im Blick. »Der blaue Punkt zeigt die kälteste Stelle, der rote Punkt die wärmste. Es ist aber kein Lebewesen zu sehen«, erläutert er.

Während die surrende Drohne über dem Feld weiter ihre Suchmuster abfliegt, ist die Gruppe aus rund 15 Freiwilligen am Nordrand der Wiese angekommen. Die Drohne darf hier einen großen Streifen nicht untersuchen, denn sie darf aus Sicherheitsgründen nicht in der Nähe von Straßen oder bewohnten Gebieten fliegen.
»Im Organisationsteam sind wir sieben Personen und wir haben uns im Januar zusammengetan«, beschreibt Ramona Köhler, eine der Initiatorinnen der Gruppe. In Form eines regelmäßig stattfindenden Stammtisches kümmert sich die ehrenamtliche Gruppe nun um alle möglichen Nöte von Tieren in und um Bad Vilbel. Im Frühjahr ist das vermehrt die Rehkitzrettung.

Ernte-Verlust droht
»Das ist heute schon unser sechster Einsatz und wir haben noch einige vor uns. Wir wollen die komplette Umgebung abdecken.« Das sei ohnehin nicht anders zu lösen, denn die Felder und Wiesen der Landwirte, die um Unterstützung der Gruppe bitten, verteilen sich oftmals in der ganzen Region.
»Das Problem ist, dass Rehmütter ihre Kitze in die Felder legen, diese bleiben dort, auch wenn eine Mähmaschine angefahren kommt und sind sehr gut versteckt.« Deshalb beginnt die Freiwilligengruppe nun auch damit, das hohe und dichte Gras mit Stangen zur Seite zu schieben und den Streifen im Norden der Wiese systematisch und konzentriert abzulaufen.

»Wir sind froh, dass sich so viele Leute finden, auch welche, die das erste Mal dabei sind.« Und der enorme Aufwand, den die Gruppe fährt, lohnt sich: »Vergangenes Jahr haben wir sieben Rehkitze bei drei Einsätzen gefunden. Dieses Jahr waren es bisher nur zwei«, erzählt Köhler. Der zuständige Jagdpächter sei bei den Suchaktionen immer vor Ort. »Die Drohnen entlasten uns natürlich enorm. Es würde sonst ewig dauern, das gesamte Feld abzusuchen«, fährt Köhler fort. Diese seien den ehrenamtlichen Rettern von Vereinen und Stiftungen gespendet worden, rund 15 000 Euro musste der Tierschutz-Stammtisch dafür zusammenbekommen.

»Wir müssen uns jetzt etwas beeilen, denn danach fahren wir gleich weiter nach Nieder-Eschbach, wo uns ebenfalls ein Landwirt gebeten hat, seine Felder zu untersuchen.« Denn nicht nur für die Kitze sind die Retter wichtig, auch ein Landwirt kann seine komplette Ernte verlieren, wenn ein Rehkitz-Kadaver in die Maschine gerät.
Doch an diesem Morgen gibt es nichts zu retten, keine Kitze halten sich im Feld zwischen Bad Vilbel und Berkersheim auf. Doch ein Einsatz am Pfingstmontag zeigt, wie wichtig die ehrenamtliche Gruppe ist. Denn per WhatsApp vermelden die Retter an die Gruppe einen Erfolg: Ein weiteres Rehkitz ist gerettet.

Böller-AG und Sportgruppe

Der Tierschutz-Stammtisch verfügt neben der Rehkitzrettung über eine Böller-AG, die überlegt, wie Hunde an Silvester besser geschützt werden können, und eine allgemeine Tiersicherung oder  auch eine Sportgruppe für Hunde. »Wir gründen immer kleine AGs oder kleine Gruppen, die sich um ein bestimmtes Thema kümmern«, erläutert Ramona Köhler.  Wer den Tierschutz-Stammtisch besuchen möchte, findet alle Infos in der Facebook-Gruppe »Tierschutz-Stammtisch Bad Vilbel« oder unter per Telefonanfrage unter (01 70) 8 01 99 78. Landwirte oder Jagdpächter können Astrid Wolf, Telefonnummer (01 52) 24 18 77 08, E-Mail rehkitzrettung.badvilbel@gmail.com kontaktieren. (nma)