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„Qualität bleibt auf der Strecke“ – Neues Kinderförderungsgesetz verunsichert Kitas und Eltern

Einen breiten Protest gibt es derzeit in Main-Kinzig gegen das geplante Hessische Kinderförderungsgesetz (Kifög). Kitas und Eltern fürchten, dass Kinder künftig schlechter betreut, Kita-Gruppen größer werden. „Das Gesetz plant an der Praxis vorbei“, sagt Hella Hübner, Leiterin der Büdesheimer Kita Löwenzahn.

Schöneck. Was passt wozu? Ella, Giuliano und Julian sitzen konzentriert am Tisch und spielen. „Schau mal hier, der Knochen und der Hund, das geht doch“, meint Hella Hübner zu Giuliano. Am Nebentisch ist Erzieherin Angelika Westphal Friederike und Ruslan beim Masken-Ausschneiden behilflich. So viel Ruhe, Zeit und Förderung für einzelne Kinder – „mit dem Kifög sehe ich das wirklich gefährdet“, sagt Hübner. Sie habe sich intensiv mit dem Gesetz, das nach dem Willen der schwarz-gelben Koalition im Land im Januar 2014 in Kraft treten soll, beschäftigt, sagt die Kita-Leiterin. „Und ich bin leider zu der Überzeugung gelangt, dass es kaum oder gar keine Vorteile bringt.“

Fünftel Fachfremde

Da seien die Gruppengrößen. 25 Kinder pro Kigagruppe, das sei zwar so viel wie bisher auch. „Aber das Gesetz erlaubt eine Überbelegung.“ Zumal die sechs Gruppen der Kita Löwenzahn derzeit aus durchschnittlich 20 Kindern besteht. „Noch einmal fünf oder acht Kinder mehr, stellen Sie sich mal den Lautstärke-Pegel im Raum vor“, sagt Hella Hübner.

Sie kritisiert zudem, dass künftig bis zu 20 Prozent des Kita-Personals aus so genannten „fachfremden“ Kräften bestehen darf. „Damit wird erlaubt, dass jeder, der ein bisschen Ahnung hat, Kinder betreuen darf.“ Eine qualifizierte Erzieherin habe eine fünfjährige Ausbildung, das nicht ohne Grund: „Kinder brauchen heutzutage noch viel intensivere und qualifizierte Betreuung als früher.“

Sie befürchtet, „dass wir gewisse Qualitätsstandard mit dem neuen Gesetz nicht mehr halten können“. Es sei schon jetzt schwierig, qualifizierte Erzieher zu finden. Indem das Kifög den Personalbedarf an den tatsächlich betreuten Kindern orientiere, hätten Kitas keine Planungssicherheit mehr: „Ich kann nur befristete Verträge anbieten, denn vielleicht werden ja im nächsten Jahr weniger Kinder angemeldet“, meint Hübner. Behinderte Kinder, für die derzeit kleinere Gruppen und mehr Fachkraftstunden bereitgestellt werden, seien nicht erwähnt.

Rainer Volz, Leiter des Fachbereichs Soziales der Gemeinde Schöneck, teilt Hübners Bedenken. „Es ist im Moment nichts geregelt, das muss man ganz klar sagen“, meint er etwa in Bezug auf behinderte Kinder. Die Politik setze im Moment, wie auch beim Rechtsanspruch auf einen U3-Platz ab August, vor allem auf Quantität in der Kinderbetreuung. „Dabei bleibt aber die Qualität auf der Strecke.“ In der Kita Löwenzahn hat es bereits eine Unterschriftenaktion gegen das Kifög gegeben. (zlp)

Siehe auch ausführliche Berichterstattung vom 14. Februar 2013 unter www.bad-vilbeler-anzeiger.de