Karben. Aufruhr im Bürgerzentrum: Mehr als 35 Kinder und Eltern aus Klein-Karben sind gekommen. „Ich will mehr Platz!“ heißt es auf einem der selbst gemalten Plakate, das einer der Dreiskäsehochs umhängen hat. Eltern und Kinder wollen die Stadtverordneten aufmerksam machen: Dass ihre Schülerbetreuung an der Selzerbachschule zum Jahresende möglicherweise zum Teil auf der Straße steht.
Doch als die kleinen und großen Karbener am Freitagabend vor der Parlamentssitzung protestieren, hat sich in den Stunden zuvor doch einiges bewegt. Das Wichtigste: Kreisschuldezernent Helmut Betschel-Pflügel (Grüne) bietet der vom Arbeiter-Samariterbund (ASB) getragenen Betreuung an, Räume im Dachgeschoss der Schule zu nutzen. Das hatte er noch am Freitagvormittag bei einem Gespräch mit der Schulleitung und der Stadtregierung ausgemacht.
„Wenn sich jetzt wirklich etwas tut, sind wir froh“, sagt Daniela Buchwald, eine der Mütter. „Wir hoffen, dass die Politik endlich wach geworden ist. Wir sind alle berufstätig und brauchen diese Betreuung für unsere Kinder.“ In zwei, drei Wochen wolle man sich die Räume anschauen, ob die Betreuung dort einziehen kann.
Bisher residiert sie in einem Container. Dieser ist nicht nur altersschwach. Er bietet auch nur Platz für 20 der derzeit 44 Kinder. Daher weicht eine Gruppe in einen Raum der Schule aus. Den aber brauche die Schule ab Januar für die Vorlaufklasse, bedauert Schulleiterin Christel Klepp. Weil die umliegenden Kitas voll sind, sah Sozialdezernent Jochen Schmitt (SPD) nur eine Möglichkeit: Die Stadt solle für 100 000 Euro einen großen Container kaufen. Die Koalition aus CDU, FWG und FDP aber stellt sich gegen so eine große Investition „in eine Übergangslösung“, sagt CDU-Chef Guido Rahn. „Das kann ich verstehen“, gibt Schmitt zu.
Deshalb ist er auch erleichtert über die Lösung mit dem Dachgeschoss. Dort muss laut Schuldezernent Betschel-Pflügel nur noch eine Außentreppe angebaut werden, um im Brandfall einen zweiten Fluchtweg zu haben. Das solle bis Anfang Dezember geschehen.
Allerdings: Eltern und ASB finden die Dach-Lösung pädagogisch nicht sinnvoll. „Weil der Weg von der Schulküche im Erdgeschoss zu den Betreuungsräumen zu weit sei“, erklärt Betschel-Pflügel. „Diese Auffassung muss man nicht teilen“, ergänzt er. Auch erinnert er daran, dass die Schülerzahlen in Zukunft zurückgingen. Ausnahme: Nächstes Jahr müsste einmalig eine vierte erste Klasse gebildet werden. Nach FNP-Informationen wird aber auch dafür an einer Lösung gearbeitet: Diese Klasse kann möglicherweise komplett an die Pestalozzischule in Groß-Karben umziehen, die ausreichend Räume dafür frei hätte.
„Es ist traurig, dass sich die Stadt für die günstige Lösung entscheidet“, sagt Martina Nass. Sie würde sich einen Hortplatz statt der Betreuung wünschen. „Das ist keine qualifizierte Betreuung, dort gibt es keine pädagogische Arbeit.“ Es sei „ein anderer Ansatz“, sagt Stadtrat Schmitt. „Ja, der günstigere“, erwidert Birgit Bertelsmann. Auch das wolle man nun prüfen, nimmt Guido Rahn die Kritik auf: Die Stadt wolle kalkulieren, ob eine Hortgruppe günstiger sei. Die Hoffnungen bremst Stadtrat Schmitt: „Wir haben keine Möglichkeiten, die städtischen Kitas zu erweitern.“
Weil sie von den Ereignissen überholt wurde, müssen die Stadtverordneten an diesem Abend über die 100 000-Euro-Investitionen gar nicht mehr beraten. So gehen Kinder und Eltern noch vor Beginn der Sitzung wieder. Mit einem seltsamen Gefühl: Wieso die Politik das Thema erst auf die Spitze treiben musste. Vielleicht habe man zu lange geschwiegen, vermuten die Eltern. Falsch, sagt Sabine Helwig, CDU-Stadtverordnete und Selzerbach-Mutter. Sie wirft Jochen Schmitt mangelnde Kommunikation vor. Er hatte die Parlamentarier erst kürzlich über das Problem unterrichtet. (den)