Karben. Herbert Krauer (65) steckt den Schlüssel ins Schloss und öffnet das Fach in der obersten Reihe. Sechs Briefe liegen darin. „Das ist für mich eine schöne Dienstleistung“, erklärt der Rentner. Als Maschinenbauingenieur reiste er dienstlich jahrzehntelang durch die Welt. Viele Kontakte hat er seitdem. Weil er an die 60 Briefe, Zeitschriften und Zeitungen jede Woche erhält, nutzt Krauer ein Postfach in Petterweil.
Nun aber hat ihm die Post kurzfristig gekündigt: Ab 1. November gibt es keine Postfächer mehr in Petterweil. Dies ist eine der Folgen, dass die Postfiliale aus dem Nahkauf-Markt abzieht. Für dessen Inhaberin Sabine Lenz hatte sich das Geschäft als Post-Partner nie gerechnet. Zunehmend aber braucht sie ihr Personal nun selbst im Laden – und musste daher die Reißleine ziehen.
Bereits im August hatte Sabine Lenz deshalb der Post ihre Kündigung geschickt. Nun erst reagiert die Post auf die an sie gebundenen Kunden: Diese Woche kam das Schreiben des Konzerns bei Herbert Krauer an – also mit nicht einmal drei Wochen Vorlauf. „Ich habe mindestens 150 Leute, denen ich eine neue Adresse mitteilen muss“, ist der Petterweiler sauer. Er vermutet, dass es für die übrigen Postfachkunden noch schwieriger ist: Denn als Privatmann ist er der Exot, ansonsten nutzen vornehmlich Firmen die Dienstleistung.
Dass ihre Post nicht ankomme, davor müsse sich kein Postfachkunde fürchten, beteuert Post-Sprecher Heinz-Jürgen Thomeczek. „Alle 38 Kunden werden ihre Sendungen ab 1. November zugestellt bekommen.“ Dies aber sei eine Notlösung. Notwendig wird die auf Grund einer weiteren Notlösung: Weil die Post binnen mehr als zwei Monaten keinen Nachfolger für die bisherige Partnerfiliale fand, muss der Konzern ab 1. November das Post-Geschäft wieder selbst in die Hand nehmen. „Mit eigenen Mitarbeitern“, erklärt Thomeczek.
Nötig wird das, weil sich der Vorstand der Post selbst zu Zeiten der Privatisierung verpflichtete, in Orten mit mehr als 2000 Einwohnern präsent zu bleiben. In Petterweil bringt das die Post zurück zu ihren Wurzeln: In etwas mehr als zwei Wochen eröffnet die Post in ihrem alten Postamt in der Alten Heerstraße 21.
„Eine gute Lösung“, findet Grünen-Ortsbeirat Rainer Knak. „Das ist ja klasse“, sagt auch CDU-Ortsbeirätin Rosemarie Schwaab. „Es ist gut, dass die Post am Ort bleibt, denn nicht jeder ist so mobil, dass er anderswo hinfahren könnte.“
Dass die neue, alte Filiale keine Postfächer biete, sei bei derartigen Interimsfilialen üblich, sagt Post-Sprecher Thomeczek. Einstellen müssten sich die Kunden auch auf eine weitere Einschränkung: Denn die neue Postfiliale werde reduzierte Öffnungszeiten haben.
Postkunde Krauer bekam inzwischen empfohlen, seinen Brief-schreibern noch keine neue Adresse mitzuteilen – obwohl sein Postfach ab November erst einmal stillgelegt wird. „Unser Ziel ist es weiterhin, einen Partner zu finden“, sagt Sprecher Thomeczek.
Da allerdings ist man im Ort skeptisch: „Das dürfte schwierig sein“, schätzt Ortsbeirätin Schwaab, „denn der Aufwand scheint ja so groß zu sein, dass es sich nicht lohnt.“ Ob Gärtnerei, Metzgerei, Bäckerei, Kiosk oder Apotheke da mitmachen? Das Problem räumt auch der Post-Sprecher direkt ein: „Eine Post zu betreiben trägt sich alleine nicht.“ Deshalb suche der Konzern nach einem Partner, der es zusätzlich stemmen könne, sagt Thomeczek. (den)