Die Nidda wurde in den 1960er Jahren begradigt, gestaut und kanalisiert. Inzwischen ist die „Bach“ in Abschnitten renaturiert. Beispielsweise auf Vilbeler, Gronauer und Dortelweiler Gebiet. Mit den Renaturierungsmaßnahmen und -auswirkungen beschäftigten sich die Teilnehmer am Stammtisch der Freien Wähler im Haus der Karbener Sportangler.
Karben/Bad Vilbel. Der Fluss und seine Uferbereiche wurde als ökologisches Refugium für heimische Pflanzen und Tiere aufgewertet. Sie sollen zugleich als Erholungsraum für Menschen erlebbar sein. So lautet die Theorie.
Die Praxis sieht in einigen Abschnitten anders aus. Anlass für die Freien Wähler (FW), die Renaturierung der Nidda und die Sanierung des Nidda-Altarms zu ihrem Stammtischthema zu machen. Am Freitag diskutierten die Kommunalpolitiker mit den Sportanglern über den aktuellen Stand des Projektes.
Die Aufwertung der Flusslandschaft wurde von allen Beteiligten begrüßt. Sorgen bereitet den Sportanglern die zeitlich vom 23. März bis 30. September 2012 befristete Schutzanordnung des Regierungspräsidiums Darmstadt. Die renaturierten Bereiche der Nidda zwischen Ilbenstadt und Bad Vilbel sind für Wasserfahrzeuge und freilaufende Hunde gesperrt. Die Schutzanordnung des RP Darmstadt erstreckt sich auch auf das Betreten der Flussparzelle der Nidda einschließlich ihrer Uferbereiche, das Befahren des Flusses mit muskelkraft- und maschinenbetriebenen Wasserfahrzeugen aller Art sowie das Laufenlassen und Baden von Hunden in den Renaturierungsgebieten der Nidda.
Joachim Roß, Erster Vorsitzender der Sportangler des ASV Groß- und Klein-Karben (ASV), sagte: „Wir begrüßen die vielen Renaturierungsprojekte an der Nidda ausdrücklich. So verzichten wir freiwillig ein Jahr lang auf die Befischung einiger dieser so wichtigen Reproduktionszonen für Insekten, Vögel, Säugetiere und Fische. Dennoch sind wir Angler zurzeit sehr aufgebracht. Wir befürchten durch die geplanten Maßnahmen zur Renaturierung der Nidda und die Sanierung des Nidda-Altarms existenzielle Auswirkungen auf unseren Verein.“ So seien Teile, der von der Gerti-Strohm-Stiftung renaturierten Nidda in Richtung Dortelweil für die Bevölkerung durch Zäune abgesperrt und Anglern die Nutzung untersagt worden. Gleiches befürchten die Angler für die Bereiche der Nidda in der Karbener Gemarkung.
Stadtrat Michael Ottens (FW) informierte die Sportangler darüber, dass die Niddarenaturierung durch die Gerti-Strohm-Stiftung im Abschnitt von der Brücke am Sportplatz bis zur Scharmühle gestoppt sei. Landwirte verkauften einen Teil der für die Renaturierung zwischen Rendel und Klein-Karben benötigten Grundstücke nicht. Dagegen spiele bei der Renaturierung im Abschnitt von Okarben bis zur Brücke am Sportplatz die Grundstücksfrage keine große Rolle. Viele Flächen, vor allem im Innenstadtbereich, befinden sich im städtischen Besitz.
Die Sanierung des Nidda-Altarms ist laut Ottens ein eigenes Projekt. Das total verschlammte Gewässer könne bei großer Hitze umkippen. Die beiden unterirdischen (Abfluss-)Kammern Richtung Nidda, von denen eine mit einer Rückschlagklappe, die andere mit einem Schieber versehen ist, sind außer Funktion. Michael Ottens bezweifelt, ob eine Trockenlegung des Nidda-Altarms überhaupt möglich ist. Dieser werde durch Oberflächenwasser und den Peter-Geibel-Brunnen gespeist.
Von den Karbener Sportanglern abgelehnt wird der Vorschlag des Vilbeler Gewässerökologen Gottfried Lehr, den Altarm bei Beginn der Sanierung im Herbst 2012 zu entfischen. Die Angler schätzen, dass sich im Altarm bis zu zehn Zentner Süßwasserfische tummeln, die sie gekauft haben. Zum Fischbesatz gehören Weißfischarten, Karpfen, Bitterling, Hechte, Waller und andere Arten. „Der Altarm ist 630 Meter lang, 14 bis 16 m breit, zwischen 40 und 60 cm bis zu 1,40 m tief. Die Schlammstärke beträgt 1,20 m“, informierten die Angler. Das Ufer bricht stellenweise ab.
Werde der Altarm, wie kürzlich in Ilbenstadt geschehen, mit Teleskop- und Schwenkbagger ausgebaggert, bestünde für den Fischbesatz keine Gefahr. Der Schlamm aus dem Altarm müsste allerdings eineinhalb Jahre auf angrenzenden Grundstücken liegen, um sich zu entwässern. Danach könnte er, nach eingehender Prüfung auf Schadstoffe und Schwermetalle, auf die Felder verbracht werden. Stadtrat Ottens bekräftigte, dass es das Ziel der Mehrheit der Karbener Kommunalpolitiker sei, die renaturierte Nidda und ihre Uferbereiche für Spaziergänger, Wanderer, Radfahrer, Freizeitsportler, Kleintierzüchter und Angler offenzuhalten. Derzeit finde eine Diskussion auf städtischer Ebene mit Gottfried Lehr und Vereinen wie dem ASV statt. Übergeordnete Ämter wurden noch nicht einbezogen.
Der ASV ist Mitglied im Arbeitskreis, der sich mit der Ausgestaltung der Flächen (Spielplätze, Bewegungsparks, Eislaufflächen) an der Nidda ab kommendem Winter von Okarben bis Klein-Karben befasst. Ottens betonte, dass es hier „keine Planungen gibt, welche die Angler vom Wasser irgendwie ausschließen“.
Sorgen bereitet die Niddarenaturierung auch Hausbesitzern in der Uhlandstraße, wo viele Grundstücke aufgeschüttet wurden. „Die Häuser haben bereits heute Risse. Die Anwohner befürchten eine Durchfeuchtung des Bodens durch die Renaturierungsmaßnahmen“, berichtete ein Mitglied der FW.