Über Jahrhunderte trotzte der Wartbaum der Zeit – hielt Kriegen, Stürmen und Ge- wittern stand. Im August 2004 beobachtete ein Bürger einen größeren Astbruch – Sicherheitsmaßnahmen wurden eingeleitet. Und der Zustand heute?
Nidderau. Er hat die Jahrhunderte überdauert und erlebt, wie die Welt sich um ihn herum veränderte. Doch ist der Wartbaum wirklich noch sicher oder stellt er eine Gefahr dar? Seitdem ein Nidderauer Bürger 2004 einen größeren Astbruch beobachtet und daraufhin die Behörden informiert hatte, wurden gleich mehrere Sicherheitsmaßnahmen eingeleitet.
Gutachten aus den Jahren 2000 und 2003 hatten schon vorher auf die Möglichkeit eines Astbruches bei Sturm oder Gewitter hingewiesen. Laut eines Schreibens des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen an den Main-Kinzig-Kreis sollte der Baum bis April 2005 drastisch zurückgeschnitten werden. Das Amt stand mit dieser Bitte nicht alleine da: Auch die Untere Naturschutzbehörde schrieb in einem Gutachten, dass die Verkehrssicherheitspflicht nicht mehr gewährleistet sei, wenn der westliche Kronenbereich nicht um sechs Meter zurückgeschnitten würde. Doch der Baum hat viele Freunde – und die wollten einen drastischen Rückschnitt unbedingt verhindern. Sie beauftragten Baumgutachter Thomas Sinn aus Bad Vilbel damit, ein neues Gutachten zu erstellen. Josef Rosenthal, Mitglied der Heimatfreunde, organisierte Informationsstände, an denen sich die Bürger über die Maßnahmen zur Rettung des Wartbaumes informieren konnten. Sinn sprach sich gegen einen Rückschnitt aus. In seiner Stellungnahme machte er damals deutlich, dass bei zurückgeschnittenen Bäumen Wunden entstünden, die den Abwehrmechanismus beeinträchtigten. An den verheilten Wunden würden faule Stellen entstehen. Astbrüche, so sein Fazit, seien damit fast vorprogrammiert.
Todesschnitt verhindert
Sinn empfahl eine Kronensicherung zur Straße hin. Und so kam es dann auch: Im April 2005 informierten die Heimatfreunde Windecken auf ihrer Homepage, dass der „Todesschnitt“ am Wartbaum verhindert werden konnte.
Die imposante Linde, die 1608 erstmals erwähnt wurde, hat ein bewegtes Leben hinter sich. In den 1950er Jahren strapazierte der Bau der Bundesstraße die Wurzeln, in den 70er Jahren legten Kinder ein Feuer, der Baum brannte. Weil alte Bäume alten Menschen nicht unähnlich sind und manchmal ein wenig Hilfe brauchen, knüpfte die Agenda Arbeitsgemeinschaft bereits 2002 Kontakt zum Kuratorium „Alte liebenswerte Bäume in Deutschland“. Im Mai 2003 wurden von der Gesellschaft die ersten bodenanalytischen Proben entnommen. 360 Wurzelspitzen wurden mikroskopisch untersucht.
Dabei stellten die Experten fest, dass eine Unterversorgung mit Mykorrhiza-Pilzen besteht. Und das war lebensbedrohlich für die alte Sommerlinde: Beim Absterben dieser Pilze droht der Tod des Baumes. Die Empfehlung des Kuratoriums: Wurzelbehandlung mit Pilz-Infusion und Auflockerung des Bodens.
Die Heimatfreunde übernahmen die Kosten von 3000 Euro und außerdem die Patenschaft für den Baum. Finanziell gefördert wurde die Aktion auch vom Windecker Ehrenbürger Rudolf Walther.
Zehn Jahre nach der Impfung zieht John K. Mewes von der Pressestelle des Main-Kinzig-Kreises ein vorsichtiges Resümee: Es könne festgestellt werden, dass die Impfung dem Baum immerhin nicht geschadet habe. Aber: „Sollte es Untersuchungen zu dem Zustand nach der Impfung geben, so wurden uns diese leider nicht vorgelegt“, sagte Mewes.
Einem Umweltbericht des Kreises zufolge sind Wurzel- und Stammbereich von Pilzen befallen. Um noch größeren Schäden vorzubeugen, wurden weitere Kronensicherungen eingebaut, außerdem wurde die Höhe der Krone etwas gestutzt.
Pflege ist teuer
Die Untere Naturschutzbehörde, die für die Sicherheit des Baumes zuständig ist, kontrolliert den Wartbaum in regelmäßigen Abständen. Bei Bedarf werden Baumpfleger beauftragt. Doch wie geht es weiter mit der stolzen Linde?
Bekommt sie trotz knapper Haushaltsmittel weiter eine so intensive Pflege wie momentan, könne der Baum noch einige Jahrzehnte stehen, so Mewes. Vorausgesetzt natürlich, er falle keinem Jahrhundertsturm zum Opfer.
Wer für den Baum und seinen Erhalt spenden möchte, findet Kontaktdaten im Internet unter www.heimatfreunde-windecken.de.