Der letzte Besuch aus China (der BVA berichtete) hat zur Bekundung geführt, dass bis zum 30. September 2013 Klarheit über die chinesischen Ankaufwünsche bestehen soll. Für das nächste Jahr ist eine Reihe von Besuchen vorgesehen: von Architekten, von Ingenieuren und von Investoren. „Da die vorbereitenden Arbeiten erhebliche Kosten auslösen, ist es in solchen Fällen üblich, dem Investor die Grundstücke für eine feste, überschaubare Zeit an die Hand zu geben. Dies soll durch Einräumung einer Kaufoption geschehen“, erklärte Stadtrat Klaus Minkel (CDU). Kaufinteresse besteht an rund 275.000 Quadratmetern Bauland zu einem Preis von 93,8 Millionen Euro, das sind 341 Euro pro Quadratmeter.
Bad Vilbel. Laut Stadtrat Klaus Minkel sprechen die „exzellenten Grundstücksqualitäten“ für den Kauf: 1.) Zwei schnelle Zufahrten zum Flughafen, 2.) Anbindung an den Autobahnring, 3.) S-Bahnstation, 4.) Verbindung von Wohnen und Arbeiten, 5.) Weitläufige Flächen in städtischer Hand.
Bei den Bauabsichten der Chinesen gehe es darum, im Kern ein chinesisches Großhandelszentrum von hoher Qualität für Export und Import zu schaffen, und zwar eines mit nationaler und europäischer Bedeutung. Der Logistikanteil werde eher niedrig sein, da die Warenlieferung in der Regel nicht von Bad Vilbel aus geschehen würde, was von LKW-Verkehr entlaste.
„Auch wird es Büroräume für Firmenzentralen für Deutschland oder sogar Europa geben. Daneben wird es untergeordnete Nebennutzungen geben, zum Beispiel Hotellerie, Gastronomie, Konferenzzentrum, etwas Einzelhandel vor allem im Mischgebiet im Rahmen des existierenden Bebauungsplanes. Der Bebauungsplan ist vor rund zehn Jahren nach Anhörung von rund 60 Trägern öffentlicher Belange, nach ausgiebiger Bürgerbeteiligung und nach Beschlussfassung im Stadtparlament verabschiedet worden. Es ist demokratisch und fachlich legitimiert“, beschreibt Minkel das Vorhaben.
Es bestehe Einvernehmen darüber, dass der geltende Bebauungsplan nicht geändert werden soll. Planänderungen würden bei den heutigen Abläufen zu erheblichen Verzögerungen führen. Durch die geplante Einbeziehung des Architekturbüros BLFP Friedberg sei gewährleistet, dass das Projekt architektonisch deutschen und chinesischen Erwartungen auf internationalem Niveau entsprechen werde, betont Minkel.
Es wird aber auch klargestellt, dass es trotz dieses Verhandlungsfortschrittes „noch keine Sicherheit wegen der Realisierung des Projekts“ geben könne. Als Verhandlungsführer fungierte für die Stadt Stadtrat Klaus Minkel, der sich in jeder Phase mit dem Bürgermeister abstimmt. Das Projekt sei derart zeitintensiv, dass es nicht „nebenher“ betreut werden könne, ohne dass die sonstigen Amtsgeschäfte liegen bleiben.
China sei schon seit Jahrzehnten die dynamischste große Volkswirtschaft. Für Bad Vilbel könne es von daher „nur gut sein, mit diesem aufstrebenden und mächtigen Land in eine engere Verbindung zu kommen“.
Stadt wäre auf einen Schlag schuldenfrei
Der Kauf würde übrigens die Stadt hinsichtlich der Kämmereischulden auf einen Schlag schuldenfrei machen, so Minkel. Dies schaffen in Deutschland nur sehr wenige Städte. Die Stadt bekäme das eingesetzte Eigenkapital und die aufgewendeten Finanzierungszinsen wieder frei. „Nicht länger könnte die Stadt wegen ihres Schuldenstandes angegriffen werden. Es war eine beliebte Taktik, die Bürger bei diesen Angriffen zu täuschen, indem die enormen Gegenwerte von den Kritikern unter den Teppich gekehrt wurden. Wie schon im Falle von Dortelweil-West würde die Rechnung der Stadt aufgehen, durch Verschuldung einen Entwicklungssprung zu bewirken und danach zu entschulden. Auch die Alteigentümer könnten endlich den vollständigen Kaufpreis erhalten. Ohne das Engagement der Stadt wäre ihr Land weitgehend wertlos geblieben“, fasst Minkel die Situation zusammen. Weil die Vorteile des Verkaufs für die Stadt eindeutig überwiegen, werde seiner Ansicht nach stattdessen zur Ablenkung eine allgemeinpolitische Debatte geführt. „Wer die Zwangsabtreibungen in China beklagt, weiß aber keine Antwort darauf, ob vier Milliarden statt 1,35 Milliarden Chinesen für China und die Welt im Sinne der Nachhaltigkeit, des ,Klimatodes“ und der Armutsbekämpfung besser wären“, gibt er zu bedenken und warnt davor, China gegenüber „überheblich aufzutreten“.
In diesem Zusammenhang zitiert er den „China-Kenner“, Altbundeskanzler Helmut Schmidt, sei China ein friedliebendes Land. Von kaum einer großen Nation seien so wenige Aggressionen ausgegangen wie von China. Oft genug aber sei China selbst Opfer von Invasionen gewesen.
Die Stadt Bad Vilbel habe Grund, dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Jörg-Uwe Hahn (FDP) und dem Wetterauer Landrat Joachim Arnold (SPD) für ihr beträchtliches Engagement zu danken. Beide hätten sich „enorm für Bad Vilbel eingesetzt“. Zu danken sei auch dem chinesischen Generalkonsulat in Frankfurt am Main für dessen freundliche Begleitung des Vorhabens, so Stadtrat Minkel.
Im städtischen Haupt- und Finanzaussschuss haben die Vertreter der CDU, FDP und der FWG am Montag einstimmig für die Option votiert. SPD und Grüne haben sich ihrer Stimme enthalten. (sam)