Karben. Ein überschaubares Minus von rund 250 000 Euro weist der Haushaltsplan aus. Das Zahlenwerk mit einem Volumen von 55,7 Millionen Euro wurde am Freitagabend mehrheitlich von der Stadtverordnetenversammlung verabschiedet.
Eigentlich sollte das Minus im städtischen Haushalt 2023 sogar unter 200 000 Euro liegen. Doch kurz vor der Verabschiedung reichte Bürgermeister Guido Rahn (CDU) noch einen zusätzlichen Ausgabewunsch nach. Und zwar beantragte er die Bewilligung von bis zu 70 000 Euro für die Anschaffung eines größeren Notstromaggregats für die Feuerwehr. »Auch wir müssen für den Notfall vorsorgen«, so Rahn zur Begründung.
Auch dem Antrag der SPD, für die Ausstattung der Flüchtlingsunterkünfte nicht nur 5000 Euro wie geplant, sondern 25 000 Euro für den kommenden Haushalt vorzusehen, wurde zugestimmt. Weitere Anträge, wie die pauschale Ausgabenkürzung um zehn Prozent für das erste Halbjahr, mit Ausnahme der gesetzlich und vertraglich vorgeschriebenen Ausgaben, beantragt von der SPD, wurden mehrheitlich abgelehnt oder in Prüfaufträge umgewandelt, wie der Antrag der Grünen auf Rückgabe der Kfz-Zulassungsstelle an den Wetteraukreis. CDU, Freie Wähler und die Linke hatten gleich ganz auf Anträge verzichtet, denn es herrschte unter allen Fraktionen Einsehen, dass in Krisensituationen wie zurzeit nicht alles Wünschenswerte auch umsetzbar ist.
Einnahmen
sind gesunken
Denn vor allem der Krieg in der Ukraine habe auch in Karben bei der Bevölkerung deutliche Spuren hinterlassen. Hohe Inflationsrat und Energiekosten, gepaart mit Versorgungsängsten, verpflichten alle zum Haushalten. Auch die Kommunen. Denn auch für sie gingen die Einnahmen zurück. Beispielsweise bei der Gewerbesteuer. »Die Lehre aus 2022: Unser Frieden, unsere Freiheit und unser Wohlstand sind zerbrechlich«, so CDU-Fraktionschef Mario Beck. Mit Rekordüberschüssen wie 2021 und aus 2022 sei es vorbei. Doch mit diesem Rückhalt könne im kommenden Jahr zumindest das Loch gestopft werden und auch weiter investiert werden. Die Überschüsse würden nicht einfach verkonsumiert, so Beck, der versicherte, dass die Stadt weiter umsichtig wirtschaften werde.
Dass sich sparen in guten Zeiten in schlechten Zeiten auszahle, davon war auch Thorsten Schwellnus (Freie Wähler) überzeugt. Er unterstütze mit seiner Fraktion den Weg der Rathausspitze. Im neuen Jahr würden die Freien Wähler aber noch stärker darauf achten, dass die Stadtentwicklung sich auf dem richtigen Weg befinde.
Die Grünen hielten sich in diesem Jahr mit ihren Wünschen zum Haushalt zurück. »Auch wir Politiker werden uns daran gewöhnen müssen, dass vielleicht nicht jeder Wunsch erfüllt werden kann, egal ob in der Haushaltsberatung oder im laufenden Geschäftsbetrieb«, so deren Sprecher Markus Dreßler. Vier ihrer sechs Anträge zum Haushalt zogen sie deshalb zurück, einen wandelten sie um in einen Prüfantrag an den Magistrat (Kfz-Zulassungsstelle) und einen in eine Spendenaktion (Frauennotruf für Vergewaltigte). Ansonsten wünschte sich Dreßler für das neue Jahr, dass in diesen Zeiten alle Fraktionen zusammenstehen und versuchen sollten, das Beste für die Bevölkerung zu erzielen.
Noch nicht zum
Mittelzentrum ernannt
Gabi Faulhaber (Die Linke) sah Positives im Handeln der Rathausspitze wie die Unterstützung eines Radschnellweges oder die Erstellung eines Stark-regengutachtens. Aber es gebe noch vieles zu tun, beispielsweise im Bereich bedachtsamer Umgang mit Grün- und Ackerflächen bei der Planung neuer Baugebiete oder bei der Unterstützung bezahlbaren Wohnraums. Oliver Feyl (FDP) monierte lediglich, dass die Stadt immer noch nicht zum Mittelzentrum ernannt worden sei und nun sogar gegen das Land klagen müsse. Sie alle stimmten entweder dem Haushalt 2023 zu (CDU, FW, FDP und Linke) oder enthielten sich ihrer Stimme (Grüne).
Lediglich die SPD lehnte den Haushaltsplan ab. Ihr Argument: »Karbens Entwicklung erfolgt von außen, gesteuert durch Klimawandel, Krieg, angediente Projekte oder Vorgaben durch das Regierungspräsidium. Intern dagegen bekommt man immer weniger hin, auch aufgrund verfehlter Personalpolitik«, kritisierte SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Görlich. Auch die SPD wolle wegen der augenblicklichen Situation sparen und habe einen entsprechenden Vorschlag gemacht, was aber abgelehnt worden sei. Sodann verlas Görlich eine Wunschliste. So müsse die Stadt für mehr bezahlbaren, sozialen Wohnungsbau sorgen, für bessere E-Mobilität, für den Ausbau von Grünflächen und für eine Optimierung der Verwaltung. Von Jürgen W. Niehoff