Usinger Land. Es ist zum Heulen: Kaum beschert uns die Sonne die ersten warmen Tage, geht das große Schniefen und Schnaufen los. Und das ganz ohne Grippe. In der Rhein-Main-Region herrscht Pollen-Alarm, weil jetzt vor allem Hasel, Birke und Erle in voller Blüte stehen.
Rund 20 Prozent, also jeder Fünfte, leidet inzwischen unter allergischen Reaktionen wie tränenden Augen, juckender Haut oder verstopfter Nase, schätzt Dr. Hans-R. Diefenbach, stellvertretender Vorsitzender des hessischen Apothekerverbandes. Seiner Meinung nach werden die Allergiker-Zahlen in den nächsten Jahren dramatisch ansteigen: „Der Mensch hat sich nicht geändert, aber seine Umwelt.“ Soll heißen: Während unser Körper noch immer kein Rezept gegen reizende Einflüsse von außen gefunden hat, steigt die Belastung durch Abgase, Schornstein-Emissionen und andere Staub-Arten ständig an.
Doch zum Glück gibt es eine Fülle von Möglichkeiten, sich das Frühjahr durch einen Heuschnupfen nicht vermiesen zu lassen. So gemein, wie es klingt, ist es auch: Ausgerechnet bei schönem Wetter leiden Allergiker am meisten. Dr. Diefenbach: „Wenn die Sonne zwei, drei Tage lang scheint, fliegen besonders viele Pollen durch die Luft.“ Erst, wenn er Regen kommt, können die Gequälten im wahrsten Sinne des Wortes wieder aufatmen. Doch es darf nicht nur eine halbe Stunde tröpfeln – nur ein ergiebiger Guss reinigt die Luft. Bis zur nächsten Sonnenperiode.
Und auch wenn die Pollenbelastung im Frühjahr besonders dramatisch ist, gibt es das ganze Jahr hindurch allergieauslösende Stoffe in der Luft.
Ein Grund zur echten Heulerei sind tränende Augen aber noch lange nicht. Der Apotheken-Fachmann: „Es gibt eine Vielzahl von gut wirksamen Behandlungsmöglichkeiten. Schließlich kann man sich ja nicht in den eigenen vier Wänden einschließen und darauf warten, dass die Pollensaison zu Ende geht.“ Wer sich ganz auf die homöopathischen Mittel verlassen möchte, sollte damit schon im Dezember beginnen. Dann hat der Körper eine gewisse Grundstabilität erreicht, wenn der Höhepunkt der Pollensaison naht. Wer schwer leidet, entscheidet sich oft für eine desensibilisierende Spritzen-Behandlung. Dabei bekommt der Patient über mehrere Jahre hinweg immer höhere Dosen der Substanz gespritzt, auf die sein Körper allergisch reagiert. Dadurch wird er sozusagen daran gewöhnt, also desensibilisiert.
Dr. Diefenbach: „In 50 bis 60 Prozent aller Fälle ist diese Behandlung erfolgreich.“ Aber ziemlich aufwendig. Seit einigen Jahren ist auch eine Tablette im Handel, die den gleichen Effekt haben soll. Doch noch liegen aussagekräftige Zahlen dazu nicht vor. Die meisten Betroffenen fangen sowieso erst dann mit der Behandlung an, wenn die Augen zu tränen begonnen haben.
Der stellvertretende Vorsitzende des Apothekerverbandes: „Am wirksamsten sind Anti-Histamine, die bei Bedarf drei bis fünf Mal ins Auge geträufelt werden. Diese Tropfen gibt es auch zum Einnehmen. Und obwohl diese Mittel nicht müde machen sollen, weisen wir doch darauf hin, dass man beim Bedienen von Maschinen oder beim Autofahren nach der Einnahme besonders vorsichtig sein sollte.“ Gegen eine verstopfte Nase gibt es Sprays, die die Schleimhäute abschwellen lassen. „Sie sollten aber nicht auf Dauer angewendet werden. Am besten nach einer Woche wieder absetzen.“ Oder beim nächsten Regen.
Was kann man sonst noch tun, um den lästigen Pollen aus dem Weg zu gehen oder die Stirn zu bieten? Dr. Diefenbach: „Wem es möglich ist, der sollte seinen täglichen Spaziergang eher in die Morgen- oder Abendstunden verlegen. Dann ist die Luft ein bisschen feuchter und die allergene Belastung nicht ganz so hoch.“ Und dafür sorgen, dass sich die Pollen nicht in der Wohnungsluft breit machen. Also nur stoßweise lüften und nicht den ganzen Tag das Fenster offen stehen lassen, wenn im Park vor dem Haus die Birken blühen. Der Apotheker: „Ich kenne Fälle, in denen Leute ihre neue Wohnung wieder verkaufen mussten, weil sie zu spät gemerkt haben, dass in der Umgebung zu viele allergieauslösende Bäume standen.“ Außerdem sollte man durch eine gesunde Lebensführung und Ernährung dafür sorgen, dass der Körper eine funktionierende Immunabwehr hat. Das gilt vor allem für Kinder, die immer früher von Allergien betroffen sind.