Bad Vilbel. Solomon Tesfalem Bokre strahlt. Er ist seinem Traum ein Stück näher gekommen. Der fast 24-Jährige aus Bad Vilbel wurde unlängst bei den »German Craft Skills 2023« beim Kammerwettbewerb Wiesbaden zum Kammersieger erklärt. Und Pläne für die Zukunft hat er auch schon geschmiedet.
Stolz präsentiert der Geselle die Urkunde und das dazugehörige Werkstück der praktischen Prüfung, ein Kronkorkenverschlussgerät aus Stahl. Laut Vorgabe hatte er für die Herstellung 13 Stunden Zeit. Zur praktischen Prüfung gehörte auch ein Fachgespräch zum Prüfstück. Der theoretische Teil bestand aus sechs Stunden schriftlicher Prüfung. Der Wettbewerb umfasst drei Stufen: Kammer, Land und Bund, die Teilnahme am Landeswettbewerb verpasste Solomon nur knapp. Die Wiesbadener Kammer umfasst das Gebiet von Mittelhessen.
Guter Eindruck
beim Praktikum
»Bei der Sommer- und der Winterprüfung müssen die Auszubildenden immer ein anderes Werkstück herstellen«, sagt Roland Schenk. Er ist Vorsitzender des Prüfungsausschusses für alle Berufe im Metallbau, zugleich Ausbilder und Chef von Solomon Tesfalem Bokre. Solomon ist sein zweiter Auszubildender aus Eritrea, der ihm von der Berufsschule vermittelt wurde. Als Prüfer arbeitet Roland Schenk eng mit den Berufsschulen in Friedberg und Nidda zusammen.
Solomon erhielt von Roland Schenk die Chance nach Bad Vilbel zu kommen, um sich vorzustellen und ein Praktikum zu machen. Er hinterließ einen guten Eindruck und erhielt einen Ausbildungsvertrag zum »Metallbauer Konstruktionstechnik« bei der Schlosserei »Lange und Schenk OHG, Stahl und Metallbau« in der Quellenstadt über dreieinhalb Jahre. Und jetzt nach der bestandenen Gesellenprüfung einen Arbeitsvertrag.
Sparen
für den Meisterkurs
»Metallbau war von klein auf mein Traumberuf. Ich habe bei meinem Chef viel gelernt. Ich habe nicht nur einen guten Ausbilder, der mir Einblicke in ein breites, fachliches Spektrum ermöglichte, sondern auch nette Kollegen. Mir macht die Arbeit großen Spaß«, sagt Solomon. Und er hat schon sein nächstes berufliches Ziel vor Augen. »Ich möchte nach drei Jahren Berufserfahrung meinen Meister machen und später einen eigenen Betrieb gründen.« Derzeit kostet eine Meisterprüfung Gesellen 4000 bis 6000 Euro plus Verdienstausfall. Um diese Summe aufbringen zu können, muss er erst einmal sparen.
Solomon ist in Deutschland auf sich allein gestellt. Mit 16 Jahren kam er in den Harz nach Wernigerode. Geflohen ist Solomon vor der repressiven Diktatur in seiner Heimat. Menschenrechtsverletzungen sind in Eritrea an der Tagesordnung. Zurück kann er nicht mehr, obwohl er großes Heimweh hat. Seine Mutter lebt in Eritrea. Das Land an der Küste des Roten Meeres gehört nach Schätzungen der UN zu den zehn ärmsten Ländern der Welt.
In Wernigerode hat Solomon Deutsch gelernt, erst seinen Hauptschul- und dann 2019 seinen Realschulabschluss gemacht. Neben seiner Arbeit und dem Sammeln von Berufserfahrung will er sich um die deutsche Staatsbürgerschaft bemühen. In seiner Freizeit hält er sich mit Fitnesstraining in Form. Früher spielte er Fußball.
Bürokratischen
Aufwand nicht gescheut
Dankbar ist Solomon seinem Chef Roland Schenk auch dafür, dass dieser sich nicht vom hohen bürokratischen Aufwand mit Ausländerbehörde, dem Arbeitsamt und dem Jobcenter abschrecken ließ. »Die Bürokratie hat mich viele Nerven gekostet. Ständig kommen neue Formulare. Die Behörden sind untereinander nicht vernetzt. Ich habe allein für Solomon zwei DIN-A4-Ordner voll mit Formularen«, berichtet Roland Schenk.
Dieser bürokratische Aufwand schrecke viele Firmeninhaber ab, obwohl sie händeringend Auszubildende suchten. »Einige Firmen, bei denen es sich oft um kleine oder Familienbetriebe handelt, lösen deshalb auch bereits bestehende Arbeitsverträge wieder auf.« In Bad Vilbel gibt es aktuell drei Schlossereien. Seit 15 Jahren bildet Roland Schenk als Einziger noch jährlich einen Metallschlosser aus. »Die Zahlen der Auszubildenden gehen im Wetteraukreis seit Jahren kontinuierlich zurück. Bei der letzten Winterprüfung hatten wir noch zwölf Auszubildende.« Besonders im Umkreis von Großstädten haben es Handwerksbetriebe schwer, Auszubildende zu finden.
Für Solomon sei es in Bad Vilbel aufgrund seiner Hautfarbe schwer gewesen, eine Wohnung zu finden. »Es hagelte nach den Besichtigungen Absagen«, berichtet Roland Schenk. Derzeit lebt sein Mitarbeiter in einer Wohngemeinschaft in der Kernstadt. Von Christine Fauerbach
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