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Neue Plätze für Kinder – Experte Schelhorn lobt Mut der Politiker für hessenweit einmaliges Projekt

Bad Vilbel. „Spielplätze sind ein schlechter Ersatz für verloren gegangene Räume in der Stadt!“ Mit dieser provokanten These plädierte der Frankfurter Gartenarchitekt Dirk Schelhorn in der Mensa der John-F.-Kennedy-Schule für sein Projekt „Spielleitplanung“. Die hat das Parlament für 25 000 Euro in Auftrag gegeben. Bei der Auftaktveranstaltung warb er vor Lokalpolitikern, Verwaltungsleitern und Lobbyisten wie Bad Vilbels Kinderbürgermeisterin Sylvia Becker-Pröbstel, für eine umfassende Bestandsaufnahme, um die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen künftig direkt bei der Stadtplanung berücksichtigen zu können. „Kinder und alte Menschen reagieren am sensibelsten auf Veränderungen“, betont Schelhorn.

Im Oktober geht es los, dann werden 120 sechs- bis elfjährige Schüler in Gruppen zu fünf mit je zwei erwachsenen Begleitern durch die Stadt streifen und Orte zeigen, die sie gut finden oder wo sie sich Verbesserungen erhoffen. Die älteren Schüler sollen zum gleichen Thema Fragebögen ausfüllen, so genannte „mental maps“. Diese Bestandsaufnahme soll vier bis acht Wochen dauern. Danach sollen die Ergebnisse ausgewertet und „Potenziale“ für Um- und Neugestaltungen gefunden werden sowie Ziele und Qualitäten einer kinderfreundliche Stadt festgelegt werden, betont Schelhorn.

Die ehrenamtliche Arbeitsgruppe fungiere als Nahtstelle zwischen Bürgern, Verwaltung und Politik. Ein solches Projekt sei zumindest in Hessen einmalig. Im Frühjahr 2009 werden die Dokumentation und Verwaltungsvereinbarungen vorliegen. Dann sollen die Anregungen „kontinuierlich umgesetzt werden, so Schelhorn. Er lobt den Mut der Politiker, sich auf das Vorhaben einzulassen. Es sei „ein offener Prozess, bei dem man nicht weiß, was dabei herauskommt“.

Bereits im November soll der erste Grünzug an der Dortelweiler Kita Trauminsel umgestaltet werden, kündigt Brigitte Ridder vom Jugendbüro an. Dort sollen Bewegungsflächen vor allem für kleinere Kinder, aber möglicherweise auch ein Boule-Feld entstehen. Kinder und Anwohner sollen in die Planung des „Grünzugs A“ noch einbezogen werden.

Der Niederurseler Planer plädiert indes nicht für eine Abschaffung der Spielplätze, denn diese seien weiterhin die einzig legitimierten Orte, an denen sich Kinder und Jugendliche aufhalten dürfen. Bald jedoch sollen neue Orte dazukommen – vor allem jene, welche sich der Nachwuchs selbst erobert. Schelhorn zeigt dazu Bilder von Kindern, die über Mauern balancieren. Das bedeute nicht, dass diese „armen Kinder“ keine anderen Spielgelegenheiten hätten, sondern, dass sie ihre Umgebung kreativ für ihre Bedürfnisse nutzten. „Wir wollen die Orte draußen wieder zurückgewinnen.“

Die „Bewegungsräume“ sollen auch dem Trend zum Übergewicht entgegenwirken. Bereits jetzt seien sechs Prozent aller Kinder und Jugendlichen adipös, so Schelhorn.

Bei der Auftaktveranstaltung durften auch die Erwachsenen Vorschläge machen. „Überschwemmte Wiesen zu Eisflächen verwandeln“, möchte Bauamtsleiter Erik Schächer. Von Seifenkistenrennen am Schöllberg träumt Andreas Martini, der Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes Bad Vilbel-Innenstadt. Wasserspiele für Kinder, einen Kurpark für alle Sinne und ein Strandbad erhofft sich Kinderbürgermeisterin Becker-Pröbstel. Es gab auch konkrete Tipps für die Stadtplaner: „In Baugebieten Bolzplätze fest einplanen, damit Anwohner hinterher nicht klagen können.“ Das nächste Treffen der Spielleitplaner, bei dem auch Inhalte festgelegt werden sollen, findet am 21. Oktober statt.