Bad Vilbel. „Sandhasenbraten mit Schoten-Gemüse“ hatte Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU) mit Kochmütze am Samstag zum Empfang der Narren beim Rathaussturm vorbereitet. Der Appetit der Angreifer hielt sich jedoch in Grenzen. Eine geschlagene Stunde ließen Sandhasen, Schoten & Co ihre Fangemeinde warten, die sich auf dem „Platz des Himmlischen Friedens“ vor dem Alten Rathaus versammelt hatte.
Durch trübes Wetter und an weniger Zuschauern vorbei als gewohnt fuhr der Zug mit 33 Nummern schließlich. Er vergrößerte sich aber schnell, denn nun bliesen Bürger und Narren gemeinsam zum Sturm auf die Rathausküche. „Helau bezeichnet man hier schon als Krach? Nicht das Gemüse, nein, der Bürgermeister wird wach!“, rief Sandhasen-Präsident Wolfgang Merk. Er ließ die Stadtoberen von seiner Garde in Ketten legen und in den Hasenstall abführen.
Bis Aschermittwoch ist der Stadtschlüssel in Narrenhand. Zu diesem Erfolg haben viele beigetragen. Der Sandhasen-Purzelgarde folgten neben allen Sandhasen-Gruppen die Schoten, der Karnevalistische Tanzverein, der Gymnastik- und Tanzclub sowie viele Vereine. Auch Quellenkönigin Verena I. griff vom Cabrio aus zusammen mit den Narren siegreich an. Aus den Stadtteilen unterstützten den Sturm Tänzerinnen des SC Dortelweil und die Gronauer Hexen. Gleich hinter den Purzeln gab die Stadtkapelle mit ihrem Häuptling Thomas Mohr mit Pauken und Trompeten den Takt zum Sturm vor. Eingereiht hatten sich auch das Jugendrotkreuz, der Kindergarten Matschepampe, die Krabbelstube Drei Minus und Maagard. Am Schluss bezog die Konfetti-Kanone Position, die neben der Narren Worte die Kapitulation des Rathauses herbeiführte.
„Wie seht Ihr denn aus? Lässt man euch so aus dem Haus hinaus?“, fragte der Bürger-Koch-Meister, als er die Schar erblickte. Hilling: „Wir holen Sie raus aus ihrem Bau bestimmt, weil wir echte Narren sind.“ Nachdem die Gardemädchen die Verteidiger in Ketten abgeführt hatten, spottete die Präsidentin: „Ein guter Koch, das ist so Brauch, hat ja wohl nen dicken Bauch.“ Dass er schlank bleibe, habe seinen Grund: „Denn mit Mineralwasserbrüh gelingt das Süppchen wie noch nie.“ Wenn er so für die Narren kocht: „Ich sag’s euch gleich, die machen schlapp, geben Dienstag wieder den Schlüssel ab.“
Seine letzten Worte sparte sich der Präsident, denn der Running Gag dieser Kampagne – stumme Mikrofone – setzte sich bis zum Schluss fort. „Ich mag nicht mehr, wir gehen jetzt im Hasenstall feiern“, dekredierte der närrische Herrscher, und alle folgten ihm.
„Hier gab’s doch aus dem Trausaal bisher immer Karnevalsmusik“, wunderten sich Familie Link und ihre Freunde, die dort traditionell mit Getränken und Säcken von Konfetti Stimmung machten. „Hätten wir das gewusst, hätten wir unseren eigenen Ghetto-Blaster mitgebracht“, schimpften sie. Auch die verschlossene Nel-Bar blieb stumm und trocken.
Dahin sind alle schüchtern sprießenden Ansätze für eine ausgelassene Narretei auf der Gass’. Karnevalstimmung herrschte nur vorm „Cadillac“. Dessen Wirtsleute sind bis heute die einzigen, die wissen, wie Straßenfastnacht gefeiert wird.