Karben. „Mensch, was haben wir Glück!“, ruft Hanns Tinkl vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu) Karben begeistert aus. Auf dem Horst in der renaturierten Aue des Rendeler Scharmühlgrabens ist soeben Weißstorch Nummer Zwei mit vollem Schnabel neben seinem Partner gelandet. Die Köpfe der beiden Vögel verschwinden kurz, dann fliegt einer der beiden auch schon wieder davon.
Jürgen Becker, ebenfalls Vogelfreund des Nabus, und Hartmut Polzer sind samt Kamera und Okular gekommen. „Die beiden Störche sind schon ganz früh im Februar gekommen und seit dem 25. März haben sie gebrütet.“ Das Ergebnis sieht Hanns Tinkl, der oberhalb der Aue in einem Reihenhaus in Rendel wohnt, von seinem Badezimmerfenster aus: „Zwei Kleine sind es auf jeden Fall“, so seine Beobachtung. Seufzend fügt er hinzu: „Wäre schön, wenn sie es in diesem Jahr schaffen.“
Bereits in den beiden Jahren zuvor hatten sich Störche auf dem in 2005 errichteten Host eingenistet, gebrütet und Nachkommen hervor gebracht. „Leider sind sie im ersten Jahr erfroren und im vergangenen Jahr vermutlich aufgrund zu geringer Nahrung gestorben“, erklärt Becker. „Es war einfach zu trocken.“
Das sieht in diesem Jahr ganz anders aus, wenn auch die derzeitige Witterung die Vögel dazu veranlasst, sich tief ins Nest zu kuscheln. „Da! Jetzt sieht man das kleine Schnäbelchen weit aufgerissen“, freuen sich die drei Nabu-Herren wie über eigenen Nachwuchs. „Jetzt hört man auch die Nachtigall“, sagt Becker leise und muschelt die Hand ums Ohr.
Auf der Weide vor dem Horst grasen friedlich zwei Pferde. „So idyllisch ist es hier leider nicht immer“, sagt Tinkl ein wenig verärgert. In den vergangenen Wochen hat er trotz der seit Mitte März (bis Ende Juli) geltenden Setz- und Brutzeit zahlreiche Hundebesitzer in den Auen beobachtet, die dort ihren Tieren freien Lauf gewähren. „Eine Katastrophe beispielsweise für Bodenbrüter wie den seltenen Kiebitz“, beklagt Becker.
Tinkl ärgert sich: „Letztens habe ich sogar einen Jäger gesehen, der seinen Hund mitten in der Aue schussfest machte. Der ballerte da einfach rum. Der hat doch im wahrsten Sinne einen Schuss!“ Erfreulicher sind da die Geschehnisse einige Kilometer weiter, auf dem im April vergangenen Jahres errichteten Storchen-Horst in Groß-Karben in den Auen unterhalb der Ludwigsquelle. „Die kamen erst ganz spät“, berichtet Jürgen Becker. Er und seine Beobachtungskollegen, unter ihnen auch Ralf Eichelmann von der Unteren Naturschutzbehörde, waren sich zunächst nicht sicher, ob das Adebar-Pärchen überhaupt nisten würde.
Ein wenig zerrupft und unfertig mutet der Horst an, auf dem einer der Weißstörche inzwischen dennoch hockt. „Das, was aussieht wie ein Holzpfahl dort in der Mitte, ist der Kopf“, zeigt Hartmut Polzer nach einem Blick durch seine auf einem Stativ befestigte Kamera. „Seit drei Wochen sind die hier rumgeflogen, haben auch gebalzt, jedoch kein Material zum Horst eingetragen“, erzählt der Vogelfreund.
Nun aber ist es „amtlich“: „Seit Sonntag brüten sie!“, haben die Vogelexperten beschlossen. Jürgen Becker verweist mit fröhlichem Augenzwinkern auf die rund 30-tägige Brutzeit: „In rund vier Wochen wissen wir mehr!“